Die Kritiker des Bahnprojekts Stuttgart 21 fordern den Finanzminister Nils Schmid auf, keine Bauarbeiten im Rosensteinpark zuzulassen. Sie erwägen ansonsten eine Klage gegen den SPD-Politiker.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Der Eifer, den die Stuttgart-21-Gegner der Staatsanwaltschaft bei der Verfolgung von Mitgliedern ihrer Bewegung attestieren, hat auch am Freitag im Rosensteinpark wieder eine Rolle gespielt. Dort erläuterten das Aktionsbündnis gegen das umstrittene Projekt, die Juristen zu Stuttgart 21 und die Parkschützer, warum der Bau des Tiefbahnhofs aus juristischen Gründen gestoppt werden müsse. Dabei berichtete der pensionierte Richter Dieter Reicherter vom Eifer der Behörde, selbst jene S-21-Gegner zu verfolgen, die mit Farbkreuzen Bäume markiert hatten. Diese sollen für den Bau der Tunnelröhren unter dem Park hindurch gefällt werden.

 

Den gleichen Eifer wünschen sich die Gegner nun bei der Beurteilung des weiteren Vorgehens der Landesregierung. Denn mit dem vor wenigen Wochen bekannt gewordenen deutlichen Anstieg der Kosten für Stuttgart 21 habe sich die Lage verändert, so Eisenhart von Loeper, Sprecher des Aktionsbündnisses. Die Bahn hatte Mitte Dezember eingeräumt, dass die Kosten um 1,1 Milliarden über dem vereinbarten Deckel von 4,5 Milliarden Euro liegen würden. Hinzu kommen Kostenrisiken in Höhe von 1,2 Milliarden Euro. „Das Projekt ohne die gesicherte Finanzierung durchführen zu lassen, ist absolut unzulässig“, sagte er. Der Bahn-Vorstand müsse die Wirtschaftlichkeit des Projekts sichern. Wenn diese infrage stehe, bestehe keine Ausführungspflicht mehr. „Stattdessen gibt es nun die Verpflichtung zur Schadensvermeidung“, argumentierte von Loeper. „Der Baufortschritt schädigt das Vermögen des Landes“, sagte der Jurist. Der Finanzminister Nils Schmid (SPD) dürfe deswegen aus Sicht der Tiefbahnhofgegner den Gestattungsvertrag nicht unterzeichnen, mit dem der Bahn erlaubt würde, im Rosensteinpark zu arbeiten und 98 Bäume entlang der Ehmannstraße und am Hang zur Neckartalstraße zu fällen.

Gegner erwägen Anzeige gegen Minister Nils Schmid

Im Finanzierungsvertrag sei festgeschrieben, dass Stuttgart 21 abgewickelt werden müsse, wenn die Finanzierung nicht sichergestellt sei. Das sei nun der Fall, da weder die Stadt Stuttgart noch das Land bereit seien, Mehrkosten zu übernehmen. Dieter Reicherter führte aus, warum er die Gefahr sieht, der Finanzminister könne sich der Untreue schuldig machen. Wenn Schmid den Vertrag unterzeichne, der der Bahn die Arbeiten im landeseigenen Park ermögliche, würde er einen Schaden am Landesvermögen anrichten. Die Gegner ziehen dann eine Anzeige wegen Untreue in Betracht. Aus Sicht des Sprechers der Parkschützer gibt es daher nur eine logische Konsequenz: „Den Gestattungsvertrag nicht unterschreiben und den Umstieg auf den Kopfbahnhof“, sagte Matthias von Herrmann. Einen Baustopp hat am Freitag auch Cem Özdemir, der Bundesvorsitzende der Grünen, gefordert.

Zu den rechtlichen Fragen des Weiterbaus oder des Baustopps haben sich auch die Juristen für Stuttgart 21 zu Wort gemeldet. „Die Volksabstimmung bindet die Landesregierung. Ein Ausstieg aus dem Projekt ist rechtlich nicht möglich“, teilen sie mit. Der Finanzierungsvertrag habe weiterhin Gültigkeit. Eine außerordentliche Kündigung durch einen Vertragspartner wegen der gestiegenen Kosten sei nicht möglich.