Heiner Geißler hat einen Kombi-Bahnhof ins Spiel gebracht. Die Projektgegner wollen den Plan prüfen, die Bahn will weiterbauen.

Stuttgart - Das von Heiner Geißler überraschend vorgelegte Papier hat unterschiedliche Reaktionen ausgelöst – und auch Sprachlosigkeit hervorgerufen. Ein Sprecher der Landesregierung lehnte einen Kommentar am Freitagabend ab. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) steht im Gegensatz zum Koalitionspartner SPD dem Vorschlag nicht grundsätzlich ablehnend gegenüber. „Wir werden diesen Kompromissvorschlag nicht einfach vom Tisch fegen“, sagte Hermann. Geißlers Vorschlag sei es wert, dass er geprüft werde. Es sei jedoch verführt, schon jetzt konkret Stellung in der Sache zu beziehen. „Das Ziel von Heiner Geißler ist, aus der völlig verfahrenen Situation einen Ausweg zu finden. Alle sollten deshalb in sich kehren.“ Dies gelte auch für ihn.

 

Allerdings lehnte der Koalitionspartner SPD den Vorschlag bereits ab. „Ich kann für unsere Seite nicht zusagen, dass wir dem in der Regierung zustimmen können“, sagte Finanzstaatssekretär Ingo Rust (SPD). Die von Geißler angeregte Kombilösung aus Kopfbahnhof und unterirdischer Durchgangsstation sei kein neuer Vorschlag, er habe auch schon in der Schlichtung eine Rolle gespielt.

Bahn will weiterbauen

Die Deutsche Bahn will trotz des Papiers die Bauarbeiten nicht ruhen lassen. Wegen eines Vorschlags werde es keinen Baustopp geben, sagte Bahn-Vorstand Volker Kefer: „Wir machen ganz normal weiter.“ Es gebe schließlich Planfeststellungsverfahren und Verträge.

Inhaltlich wollte ein sichtlich konsternierter Kefer die Grundidee der Kombilösung nicht bewerten. „Das ist ein echter Geißler“, sagte er, „ich weiß nicht, was da läuft.“ Auch Brigitte Dahlbender, die Sprecherin des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21, sprach von einem „sehr überraschenden Vorschlag“. Sie lehne die Idee nicht pauschal ab, sagte sie spontan. Später erklärte das Aktionsbündnis, dass es den Kompromissvorschlag der Projektgegner als Grundlage für weitere Verhandlungen akzeptiere. „Wir sehen eine Möglichkeit zum Kompromiss“, sagte Dahlbender. Die Bahn müsse aber sofort einen Bau- und Vergabestopp verhängen.

Schuster lehnt Vorschlag ab

Dagegen hat Stuttgarts Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) Geißlers Vorschlag abgelehnt. Der Stresstest habe ergeben, dass die von der Bahn geplante Durchgangsstation leistungsfähiger als der alte Kopfbahnhof sei. „Die Bahn hat Baurecht.“ Der Konzern werde jetzt auch weiterbauen.

Der Präsident der Region Stuttgart, Thomas Bopp (CDU), hält Geißlers Vorschlag nicht für zielführend. „Das würde uns zeitlich weit zurückwerfen“, sagte er. Auch der CDU-Fraktionschef Peter Hauk sieht keinen Grund, die Arbeiten zu stoppen. Ein Plan wie der Geißlers sei bereits 1995 geprüft und wegen vieler Nachteile verworfen werden.

2,5 bis 3 Milliarden Euro

Geißler selbst, der die Kosten der Kombilösung auf 2,5 bis 3 Milliarden Euro bezifferte (der Tiefbahnhof soll mindestens 4,1 Milliarden Euro kosten), wollte sich am Freitag nicht detaillierter äußern. „Es gibt in der Demokratie immer den besseren Weg des Sowohl-als-auch“, sagte er, ehe er sich verabschiedete.

Hier gibt es das Papier "Frieden in Stuttgart" zum Herunterladen (PDF).