Verdi-Chef Frank Bsirske und weitere Betriebsräte beziehen Position gegen das Projekt Stuttgart 21. Schusters Brief erntet Kritik.

Stuttgart - Nachdem sich am Mittwoch namhafte Unternehmer noch einmal öffentlich für das umstrittene Bahnprojekt Stuttgart 21 ausgesprochen hatten, haben am Donnerstag prominente Gewerkschafter Gegenposition bezogen. In Stellungnahmen artikulierten etwa Verdi-Chef Frank Bsirske, der Vorsitzende des DGB Nord-Württemberg , Bernhard Löffler und Karl Reif, zweiter Betriebsratsvorsitzender des Untertürkheimer Daimler-Werks, ihr Votum für einen Ausstieg aus dem Milliardenvorhaben.

 

Bsirske erklärte, Stuttgart 21 werde Milliarden verschlingen - "Geld, das Stadt und Land an anderer Stelle fehlen würde". Der Bahnverkehr werde mit S 21 nicht besser: "Dafür wird die Immobilienspekulation angeheizt." Löffler sprach sich ebenfalls für ein Ja zum Ausstieg und für einen modernisierten Kopfbahnhof aus.

Johannes Hauber, der Betriebsratsvorsitzende bei Bombardier Mannheim, betonte in seinem Statement: "Wir vertreten keine kurzfristigen egoistischen Interessen Einzelner, in der Hoffnung, dass unser Unternehmen von dem Milliardenauftrag ein Stück abbekommt." Stuttgart 21 gehe zu Lasten des Gesamtsystems Bahn, fügte Hauber hinzu.

OB-Schreiben in der Kritik

Auf einer Pressekonferenz des Bündnisses Ja zum Ausstieg berichtete der zweite Betriebsratsvorsitzende von Bosch, Roland Saur, es gebe in seinem Unternehmen auf nahezu jeder Betriebsversammlung Diskussionen über das Thema Stuttgart21. Auffällig sei, dass sich dabei Projektgegner häufiger zu Wort meldeten als Befürworter. Aus seiner Meinung machte Saur keinen Hehl: "Es ist für unsere Kollegen wichtig, dass sie nach Backnang kommen und nicht, dass sie nach Bratislava kommen." Statt Milliarden in den Fernverkehr zu investieren, müsse der Nahverkehr ausgebaut werden.

Heftige Kritik übte der Bündnissprecher Hannes Rockenbauch zudem an jenem Schreiben, mit dem Oberbürgermeister Wolfgang Schuster (CDU) bei den Bürgern für ein Nein zum Projektausstieg geworben hatte. Der Brief sei tendenziös, als OB aller Bürger dürfe Schuster zwar seine private Meinung zu Stuttgart 21 haben, sich aber nicht zum Anwalt der Bahn AG machen, die mit hohen Ausstiegskosten im Fall eines Projektabbruchs droht. "Wenn Stuttgart 21 scheitert, bekommt die Stadt einen Geldstapel zurück, der zwölfmal so hoch ist wie der Bahnhofsturm", so Rockenbauch in Anlehnung an Schusters Vergleich der Ausstiegskosten mit dem Ulmer Münster. Auch der Arbeitskreis Juristen zu Stuttgart 21 kritisierte das OB-Schreiben: "Der Jurist Schuster weiß, dass es sich bei den angeblichen Ausstiegskosten von 1,5 Milliarden Euro um eine bewusste Täuschung der Bürger handelt, weil die Bahn bei Projektabbruch wertvolle Grundstücke zurückbekommt. Die Bahn erhält Grundstücke mit einem Millionenwert zurück, den sie sich anrechnen lassen muss", sagte der Rechtsanwalt Bernhard Ludwig.

Am Samstag, 14.30 Uhr, wollen die Projektgegner mit einer Kundgebung für die Volksabstimmung am Hauptbahnhof ihre Kampagne beenden. Neben einem Grußwort von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sind unter anderem Reden von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), Peter Conradi (SPD), dem Chef des Theaterhauses, Werner Schretzmeier, dem Sternekoch Vincent Klink und Ex-Bahnhofschef Egon Hopfenzitz vorgesehen.