Bahnchef Rüdiger Grube will offenbar den Baustopp für Stuttgart 21 um gut einen Monat verlängern. Den Projektgegnern ist das jedoch nicht genug.

Stuttgart - Die Bahn bietet eine Verlängerung des Bau- und Vergabestopps für Stuttgart 21 bis zum 15. Juli an. Allerdings sei der Vorschlag des Bahn-Chefs Rüdiger Grube an Bedingungen gebunden, sagte der Sprecher des Projekts Stuttgart 21, Wolfgang Dietrich, am Sonntag. Die Landesregierung hat für Montag eine Sitzung des

 
Lenkungskreises

einberufen, bei der mit den Vertretern der Bahn über die Forderungen diskutiert werden soll. Die Koalitionspartner berieten in der Nacht von Sonntag auf Montag das Angebot. Nach einem mehr als dreistündigen Treffen hieß es inoffiziell, die Bahn müsse erst mal Fakten liefern, bevor substanzielle Gespräche stattfinden könnten. Der Termin Mitte Juli sei Grubes „letzter Kompromissvorschlag“, sagte Dietrich. Bis dahin sind die Angebote der Baufirmen für den Fildertunnel und den Wangener Tunnel bindend. Sind die Aufträge bis zu diesem Tag nicht vergeben, müssen sie neu ausgeschrieben werden und könnten teurer werden, sagte der Projektsprecher.

Zu den Bedingungen der Bahn gehört, dass sie keine Mehrkosten, die durch die Fristverlängerung entstehen würden, tragen will. Zwei weitere Forderungen betreffen den Stresstest und die Computersimulation des Betriebs im geplanten Tiefbahnhof: „Wir wollen das Ergebnis möglichst ein paar Tage vor dem 15. Juli haben. Wenn es kommt, nachdem die Arbeiten vergeben sind, wäre das wenig hilfreich“, sagte Dietrich. Des Weiteren solle die grün-rote Landesregierung erklären, dass sie das Ergebnis des Stresstestes akzeptiere. Auch an die Stadt stellt die Bahn Bedingungen: Sie soll auf Verzugszinsen in Höhe von 33 Millionen Euro gegenüber dem Unternehmen verzichten. Diese entstehen, weil die Bahn wegen des Baustopps die Gleisgrundstücke erst ein Jahr später als vereinbart der Stadt übergeben könnte; Stuttgart hätte deshalb ein Anrecht auf Entschädigung.

Für die Projektgegner ist Grubes Angebot nicht ausreichend. „Herr Grube hat gar nichts verstanden“, sagte der Landtagsabgeordnete Werner Wölfle aus der Sicht des Aktionsbündnisses gegen Stuttgart 21. „Das Volk will eine Volksabstimmung, deswegen hat es die neue Regierung gewählt“, so Wölfle. Diese sei für den Herbst geplant, daher sei ein Baustopp bis zu diesem Termin „das einzig Sinnvolle, was aus Respekt gegenüber dem Souverän geboten ist“. Die „Parkschützer“ setzen trotz Grubes Angebot ihre Blockade an der Baustelleneinfahrt des Grundwassermanagements fort.

Die Landesregierung wollte sich nicht offiziell zu dem Vorstoß von Grube äußern. Mit einiger Genugtuung wurde zwar vermerkt, dass die Bahn ihre unbeugsame Haltung nun revidiert, aber man wolle die Aussagen des Bahn-Chefs, zum Beispiel über die umgehende Anerkennung des Stresstests, zunächst prüfen, sagte ein Regierungssprecher. Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) hatte gesagt, die Testergebnisse würden – unabhängig von ihrem Ausgang – interpretationsbedürftig sein.