Es herrscht Aufregung um abrutschende Hänge und gefährdetes Mineralwasser. Aber nur wenige Bürger haben bislang ihre Einwendungen gegen die Änderungen beim Grundwasser-Management bei der Stadt zu Protokoll gegeben. Das Verfahren geht jetzt in die heiße Phase.

Stuttgart - Sie stehen ganz unten im Keller des Stuttgarter Stadtplanungsamts, zwei Stockwerke tief: die grauen Leitzordner der Bahn mit den geänderten Planunterlagen zum Grundwassermanagement. Seit drei Wochen liegen die Anträge, Gutachten und Ausführungen nun in den Räumen an der Eberhardstraße aus, allzu viele Bürger haben sich aber noch nicht die Mühe gemacht, zu ihnen hinabzusteigen. 29 Besucher haben die beiden eigens für die Auslegung angestellten Mitarbeiterinnen bisher gezählt, angesichts der Aufregung über abrutschende Hänge, aufsteigendes Mineralwasser und gefährdete Häuser eine eher dürftige Zahl.

 

Allerdings können die Unterlagen gleichzeitig auch auf der Internetseite des Regierungspräsidiums Stuttgart eingesehen werden, wovon wesentlich mehr Gebrauch gemacht wird und das offenbar auch außerhalb der Landeshauptstadt. So habe ein Bürger erst jüngst irgendwo aus der Republik gemailt, als er die Unterlagen gerade online studierte, er sei über diese Möglichkeit begeistert gewesen, sagt der Sprecher des Regierungspräsidiums, Clemens Homoth-Kuhs. Schriftliche Einwendungen von Bürgern gegen das Vorhaben der Bahn, beim Bau des Tiefbahnhofs mehr als doppelt so viel Grundwasser umzuwälzen als geplant, nämlich 6,8 Millionen Kubikmeter, sind derweil bisher nur „eine Handvoll“ bei der Behörde eingegangen. Das habe allerdings nichts zu bedeuten, so Clemens Homoth-Kuhs. „In größeren Verfahren wie diesem kommen die Einwendungen immer erst gegen Ende der Frist.“

Einwendungen müssen bis zum 23. Oktober vorgebracht werden

Bis zum 9. Oktober können die Unterlagen zur siebten Planänderung noch eingesehen werden, bis zum 23. Oktober bleibt Zeit, um Einwendungen gegen das Vorhaben zu erheben. Die sogenannten Träger öffentlicher Belange, also etwa die Stadtverwaltung, Ämter, Initiativen, Vereine oder andere Institutionen, haben bisher noch keine Stellungnahme zu dem Verfahren abgegeben. Die Stadt Stuttgart will ihre offizielle Stellungnahme zunächst am 16. Oktober im Ausschuss für Umwelt und Technik vorstellen, so der Stadtsprecher Markus Vogt, bevor die Unterlagen dann eingereicht werden. Mit Hochdruck arbeitet zudem auch der Stuttgarter Regionalverband des Bundes für Umwelt und Natur (BUND) an seiner Eingabe. „Die Materie ist extrem komplex und umfänglich, wir werden die Frist daher voll ausschöpfen müssen“, sagt der Geschäftsführer Gerhard Pfeifer.

S-21-Gegner kritisieren das Verhalten der Bahn

Der Umweltschützer und Stuttgart-21-Gegner beklagt zudem, dass der Verband durch das Verhalten der Bahn gebremst werde. So habe man schon vor zwei Wochen ein Gutachten zur Bewässerung des Mittleren Schlossgartens angefordert, auf das in den Änderungsunterlagen oft Bezug genommen wird. Noch immer warte man aber vergeblich auf die Expertise. „Die Gutachter der Bahn sind nicht sehr kooperativ“, sagt Pfeifer. Teilweise müsse man die Gutachten bei der Bahn mit juristischen Mitteln unter Bezug auf das Umweltinformationsgesetz anfordern. „Wir hatten gehofft, dass diese Zeiten nach Schlichtung und Filderdialog endlich vorbei sind“, so Pfeifer.

Für die Stellungnahme, die der BUND mit den Ingenieuren gegen Stuttgart 21 vorbereite, habe man zwei externe Fachleute hinzugezogen. Die Gefahren seien bekannt, so Pfeifer: Weil durch das Abpumpen des Grundwassers das Gegengewicht fehle, könne es zu einem Aufstieg des Grundwassers durch Spalten und Klüfte kommen. Durch Senkungen könnten Gebäude beschädigt werden, Hänge könnten ins Rutschen geraten. Die Versorgung von 700 Bäumen im Schlossgarten mit Wasser sei nach Einschätzung des BUND gefährdet. Diese Risiken müssten nun auf Basis der Unterlagen detailliert ausgeführt werden, so Gerhard Pfeifer. „Wir werden fristgerecht eine umfangreiche Stellungnahme abgeben.“