Der Landesverkehrsminister Winfried Hermann und der Stuttgarter OB Fritz Kuhn nehmen auf der Lenkungskreissitzung zwar die Mehrkosten für Stuttgart 21 zur Kenntnis. Doch sie betonen, dass sich Land und Stadt nicht daran beteiligen werden.

Stuttgart - Die Stimmung war fast gelöst. Selbst die „Oben-bleiben“-Rufe einer Schar S-21-Gegner nahmen Bahn-Infrastruktur-Vorstand Volker Kefer, Verkehrsminister Winfried Hermann, Oberbürgermeister Fritz Kuhn (beide Grüne) und Regionalpräsident Thomas Bopp (CDU) gelassen zur Kenntnis. „Das war eine sehr gute Sitzung“, sagte Kefer nach dem Treffen der Projektpartner Bahn, Land, Stadt und Region im Rathaus, so produktiv kann es weitergehen.“ Da mochten auch Hermann und Kuhn nicht nachstehen, wenngleich ihre Bewertungen noch vom Ärger über das bisherige Verhalten der Bahn geprägt waren. „Das Treffen heute war besser vorbereitet als frühere Sitzungen“, meinte Hermann. Kuhn sagte: „Vorbereitung und Verhandlung waren heute professionell“ – Betonung auf heute.

 

Grundlage der Sitzungen des Lenkungskreises, dem Kontroll- und Steuerungsorgan für S 21, ist ein Regelwerk, das Teil des Finanzierungsvertrags ist. Es sieht – vereinfach gesagt – beispielsweise vor, dass die Projektpartner von der Kostenentwicklung Kenntnis nehmen und höhere Ausgaben genehmigen müssen. Das ist am Freitag passiert: Land und Stadt haben die Kostenprognose der Bahn von knapp sechs Milliarden für S 21 abgenickt und zugleich Finanzmittel bis 4,5 Milliarden Euro freigegeben. „Anhand der Unterlagen, die wir von der Bahn bekommen haben, war das plausibel“, sagte Hermann, „wir haben das zur Kenntnis genommen, weil man die Realität zur Kenntnis nehmen muss.“ Die Bahn gebe jetzt zu, was Kritiker vorhergesagt hätten, sagte Hermann, nämlich, dass die 4,5 Milliarden Euro, die als Kostenobergrenze genannt worden waren, nicht ausreichten. Es sei ärgerlich, dass die Bahn dies nicht schon vor dem Volksentscheid 2011 eingeräumt habe, weil es damals bereits Anzeichen dafür gegeben habe.

Hermann: Kenntnisnahme, aber keine Zahlungszusage

Sowohl Hermann als auch Kuhn betonten, dass die Kenntnisnahme der höheren Kosten keine Zusage für weitere Zuwendungen des Landes und der Stadt sei. „Der Kostendeckel gilt“, sagte der Minister; „wir werden uns an Mehrkosten nicht beteiligen“, stellte Kuhn fest, der auch deutlich machte, was passiert, falls sich die Bahn mit solchen Forderungen durchsetzen würde. „Dann werden wir einen Bürgerentscheid einleiten“, sagte Kuhn. Dies sei Beschlusslage des Gemeinderats. Auch der Betrag der Region sei gedeckelt, betonte Bopp. Dies sei so mit dem Land vereinbart.

Bahn und Land treffen sich zu weiteren Gesprächen

Trotz dieser klaren Aussagen werden Bahn und Land das weitere Vorgehen besprechen, kündigte Kefer an. Dabei beruft sich die Bahn auf die so genannte Sprechklausel im Finanzierungsvertrag, wonach bei Mehrkosten Gesprächen aufzunehmen seien. Daraus liest Kefer eine „gemeinsame Verantwortung“ ab. „Auch wenn die Partner sagen, sie zahlen nicht, muss die Bahn nicht unbedingt auf Geld verzichten“, sagte Kefer. „Wir treten nicht in Verhandlungen in der Sache“, entgegnete Hermann.

Kefer betonte erneut, Ziel der Bahn sei, das Projekt bis Dezember 2021 fertigzustellen. „Extrem ambitioniert“, kommentierte Hermann, „aus persönlicher Sicht finde ich es sehr unwahrscheinlich, dass die Bahn diesen Zeitpunkt einhalten kann“. So rechne die Bahn mit zu kurzen Planfeststellungsverfahren. „Diese Verfahren – beispielsweise für den Flughafenbahnhof – werden länger dauern als angenommen“, meinte Hermann. Dafür gebe es gesetzliche Regelungen, und „man kann den Rechtsstaat nicht beugen, damit die Bahn ihre Zeitpläne einhält“. Kefer entgegnete, dass es das gute Recht Hermanns sei, den Zeitplan anzuzweifeln. Richtig sei, dass die Bahn bestimmte Bearbeitungszeiten angesetzt habe, aber auch öffentliche Stellen müssten Termine einhalten und „haben nicht jede Freiheit“. Nach Bahnangaben sollte die Genehmigung für den Flughafenbereich Mitte 2015 vorliegen, damit dieser zusammen mit den übrigen Abschnitten fertig wird. Auch Bopp forderte, dass die Station auf den Fildern mit dem Gesamtprojekt in Betrieb gehen müsse. Die Bahn müsse dort die bestmögliche Signaltechnik einsetzen – das ist wichtig für die S-Bahn, für die die Region verantwortlich ist.