Am Montag tagt der Lenkungsausschuss erstmals in der grün-roten Ära. Die Bahn will weiterbauen, der Verkehrsminister will das verhindern.  

Stuttgart - Öffentlich preisgeben wollen die Projektverantwortlichen der BahnAG ihre Tagesordnung nicht. Doch die Themen, über die im Lenkungskreis für Stuttgart 21bei dessen Treffen am Montag kontrovers diskutiert werden wird, liegen auf der Hand. Vor allen Dingen wird es um den weiteren Fortgang beim Stresstest gehen, dem das Milliardenprojekt zurzeit unterzogen wird. Aber auch der momentane Bau- und Vergabestopp wird eine Rolle spielen: Die neue Regierung will diesen bis zu der für Herbst geplanten Volksabstimmung fortgesetzt haben, während der Verkehrskonzern die Bauarbeiten offenbar bereits im Juni wieder aufzunehmen gedenkt - es sei denn das Land gewährt für weitere Verzögerungen einen Schadenersatz.

 

Auf drei Stunden ist die Sitzung im Verkehrsministerium in der Hauptstätter Straße angesetzt worden, was angesichts der Brisanz und der kontroversen Haltung von Projektgegnern und -befürworten in den strittigen Punkten eher knapp bemessen sein dürfte. Die Teilnehmer sind grundsätzlich per Vereinbarung festgeschrieben und stehen in der neuen Besetzung nach der Landtagswahl namentlich weitgehend fest: Das Land wird durch den neuen Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) und den SPD-Finanzstaatssekretär Ingo Rust vertreten. Rust wurde vor einigen Tagen nach längerer Diskussion in der SPD für viele überraschend in das Steuerungsorgan berufen. Eigentlich hätte dieser Sitz dem Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann (Grüne) gehört; in den Koalitionsverhandlungen war aber vereinbart worden, dass der Regierungschef ihn an die SPD abtritt.

Blockabstimmung für strittige Punkte

Für den Block der Bahn, die drei Sitze hat, werden am Montag der Vorstandsvorsitzende Rüdiger Grube und der Technikvorstand Volker Kefer am Tisch sitzen, außerdem wohl der Konzernbevollmächtigte Eckart Fricke. Außerdem gehören dem Gremium der Stuttgarter Oberbürgermeister Wolfgang Schuster und die Regionaldirektorin Jeannette Wopperer an, die beide ihr Kommen bereits zugesagt haben. Sie sei gespannt, wie es jetzt weitergeht, so Jeannette Wopperer zur StZ: "Es ist wichtig, sich möglichst schnell auf das weitere Vorgehen bei dem Projekt zu einigen."

Festgeschrieben ist für den Umgang mit strittigen Punkten eine Blockabstimmung, wobei die Vertreter der Bahn den einen Block bilden, die Stadt, das Land und die Region den anderen. Jeder Block hat eine Stimme. Zudem steht in den Statuten des Lenkungskreises, der auch über die Freigabe der Mittel aus dem Risikofonds und wesentliche Änderungen am Projekt entscheidet, dass solche Beschlüsse einvernehmlich getroffen werden müssen - was angesichts der Haltung der grün-roten Landesregierung wohl kein leichtes Unterfangen werden wird.

Schuster kritisiert Hermann scharf

Rückwind bekommen die Projektträger von den Juristen für Stuttgart 21, "die keine Rechtsgrundlage für die Forderung der Landesregierung sehen, den von der Bahn freiwillig eingegangenen Baustopp weiter zu verlängern", so der Sprecher des Arbeitskreises, Stefan Faiß. "Dem Bau von Stuttgart 21 liegt ein unkündbarer Finanzierungsvertrag zugrunde." Auch OB Schuster hat den Verkehrsminister Hermann am Freitag scharf kritisiert. Wer jetzt das Bahnprojekt kippen wolle, sei verantwortlich für Stillstand in den nächsten 15 bis 20Jahren. Bei einem persönlichen Gespräch am Dienstag will der Rathauschef dem Ministerpräsidenten deutlich machen, dass Stadt und Land bei Stuttgart 21 dieselben Interessen verfolgen: "Wir beide wollen, dass das, was die Bahn bei uns baut, gut wird. Wir wollen einen modernen, leistungsfähigen Bahnhof. Ich wünsche mir daher, dass wir in der Diskussion darüber wieder auf eine vernünftige Sachebene zurückkehren. Wir dürfen das Feld nicht den Radikalen überlassen." - Aussagen, die prompt Widerspruch beschworen: "Bedauerlich", so der Grünen-Stadtrat Jochen Stopper, "dass OB Schuster weiter zündelt."