Das Verwaltungsgericht muss prüfen, ob die Umzingelung von Aktivisten am Stuttgarter Hauptbahnhof durch die Polizei rechtmäßig war.

Stuttgart - Der 25. Januar ist einigen Gegnern von Stuttgart 21 noch gut in Erinnerung: Etwa 40 Aktivisten und neugierige Bürger hatten sich an diesem Morgen vor dem Bauzaun am Bahnhof versammelt, als sie gegen 7 Uhr plötzlich von etwa 150 Polizisten umzingelt wurden- ohne Vorwarnung und Begründung. Sie seien wie Kriminelle behandelt und bei Temperaturen um den Gefrierpunkt zwei Stunden festgesetzt worden, klagten hinterher die Betroffenen, die einzeln abgeführt, fotografiert und angezeigt wurden.

 

Nun wird die Polizeiaktion ein weiteres juristisches Nachspiel haben. Der Arbeitskreis Juristen zu Stuttgart 21 hat den Vorgang in den vergangenen Wochen aufgearbeitet, heute soll vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart Klage eingereicht werden. "Wir sind überzeugt, dass die Vorgehensweise der Polizei rechtswidrig war", sagt Simone Eberle, die zum Kreis der Anwälte gehört, der die Klage vorbereitet hat. Es habe sich um friedlichen Protest gehandelt, das maßgebliche Recht sei daher das Versammlungsrecht gewesen. Alle Maßnahmen der Polizei, also Platzverweise, Anzeigen, Gewahrsamnahmen und die Aufnahme der Personalien, hätten so nicht durchgeführt werden dürfen. Das wolle man richterlich klären lassen.

Befehligt hat den Einsatz der Leiter des Polizeireviers Wolframstraße, Andreas Feß, der auch schon am 30. September im Schlossgarten als zuständiger Abschnittsleiter die Freigabe von Wasserwerfern, Schlagstöcken und Pfefferspray erwirkt hatte. Den Vorwurf einer gezielten Einschüchterung hatte die Polizei hinterher zurückgewiesen. Ein Fahrzeug sei blockiert worden, so ein Polizeisprecher. Daraufhin habe man zum Zweck der Verfahrenssicherung die Identitäten festgestellt.

"Die Polizei muss merken, dass sie nicht machen kann, was sie will"

Christofer Hebel, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht, hat die Vorgänge anders in Erinnerung. Er sei aus Neugier zum Bahnhof gekommen und habe abseits vor der LBBW-Bank gestanden. Plötzlich sei die Polizei massiv aufmarschiert und habe versucht, alle mit Gewalt in den Kessel zu treiben. Ohne Grund hätten er und seine Frau dann einen Platzverweis und eine Anzeige wegen Nötigung erhalten. "Der Polizeikessel diente eindeutig der Einschüchterung", so Hebel.

Immer noch fassungslos ist auch Patrick Kafka, einer der Kläger. "Wäre ich nicht dagewesen, würde ich es nicht glauben", sagt der Politologe und Koordinator im Arbeitskreis, dem auch Richter angehören. Die Juristen sind überzeugt, dass die Polizei testen wollte, wie weit sie gehen kann. Das sei nicht akzeptabel, so einer der Juristen: "Die Polizei muss merken, dass sie nicht machen kann, was sie will."