Von den insgesamt 176 Bäumen, die für den Bau von Stuttgart 21 weichen müssen, können nur wenige problemlos versetzt werden.

Stuttgart - Einige wenige Fragen müssen zwar noch im Detail geklärt werden, im Wesentlichen dürfte nach dem ersten Bürgerforum im Rathaus aber feststehen, was mit den teils 150 Jahre alten Bäumen im Schlossgarten demnächst passieren wird. Die beiden Baumgutachter und die geladenen Experten waren sich nach dreistündiger Diskussion in ihrer Empfehlung jedenfalls einig, von mehreren Varianten kommt für sie lediglich eine infrage.

 

Demnach können von den insgesamt 176 Bäumen, die für den Bau des Tiefbahnhofs von Stuttgart 21 weichen müssen, 68 kleinere Exemplare problemlos versetzt werden. Ersatzstandorte sind im Stadtgebiet dafür ausreichend vorhanden. Bei den restlichen 108 Bäumen, darunter vor allem die großen und alten Platanen und Rosskastanien, wird der Aufwand und das Risiko einer Versetzung als zu hoch eingeschätzt. Sie werden daher mit ziemlicher Sicherheit gefällt werden. Wobei laut Stadt derzeit noch geprüft wird, ob zwei, drei dieser Bäume innerhalb des Schlossgartens um wenige Meter versetzt werden können – als eine Art symbolischer Akt. Auch zu diesem Vorgehen hatte am Montagabend das Gremium um den Stuttgarter Soziologieprofessor Ortwin Renn geraten.

„Wir freuen uns über die Empfehlung der Experten, auf dieser Basis können die Projektpartner nun an ihrer Entscheidung arbeiten“, erklärte ein Sprecher des Finanzministeriums. Auch die Stadt, für die der Oberbürgermeister Wolfgang Schuster am Expertentisch saß, will nun die Empfehlungen bewerten, so der Sprecher Markus Vogt. Erste Abstimmungsgespräche mit den Projektpartnern habe es bereits direkt nach dem Bürgerforum gegeben. Das enge Zeitfenster für die Maßnahme sei allen bekannt, so Vogt. „Wir wissen, dass demnächst eine definitive Entscheidung getroffen werden muss.“

Dafür zuständig ist in letzter Instanz der Lenkungskreis, in dem neben Bahn-Chef Rüdiger Grube unter anderem auch Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), Finanzstaatssekretär Ingo Rust (SPD), OB Wolfgang Schuster und die Regionaldirektorin Jeannette Wopperer vertreten sind. Für die Stadt sei nun vor allem auch wichtig, welcher Bestimmung man die Stämme übergebe, so Markus Vogt.

Die im Schlichterspruch festgelegte Verpflanzung aller auf dem Baufeld stehenden gesunden Bäume ist von Mediator Heider Geißler offenbar im Alleingang getroffen worden. Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) sagte am Dienstag, dass beide Seiten davon „völlig überrascht“ worden seien. Geißler habe diese Entscheidung mit keiner der Parteien abgestimmt.

Bäume könnten Kunstwerke werden

Der Psychoanalytiker Jörg Rasche von der Universität Berlin hatte am Montagabend ausdrücklich davor gewarnt, die gefällten Baumriesen einfach zu zerschreddern. Stattdessen könnten die Stämme im Wald als Lebensraum und Anschauungsobjekt dienen, zum Kunstwerk werden oder an Behindertenwerkstätten gestiftet werden. „Es laufen erste Gesprächsrunden, welche Möglichkeiten es gibt“, betont Vogt.

Am Morgen nach der Expertenrunde hatten sich etliche Bürger bei dem Stadtsprecher gemeldet, Projektgegner wie Befürworter, und die Veranstaltung gelobt. Es sei wichtig gewesen, so die Resonanz, von Experten erklärt zu bekommen, welche Folgen es hätte, den Schlichterspruch komplett umzusetzen. Da die Platanen zu mächtig sind, um sie aus dem Schlossgarten zu schaffen, müssten sie innerhalb des Parks verpflanzt werden. Dabei würden laut dem Sachverständigen Bodo Siegert aber neben Kosten von bis zu 400 000 Euro pro Baum auch Kollateralschäden im Park entstehen. Dazu sprechen auch andere Gründe gegen solch einen Schritt, etwa der Denkmalschutz sowie Rohre und Leitungen im Boden. „Wir müssen uns damit abfinden“, sagt Vogt: „Im Schlossgarten müssen Bäume gefällt werden.“