Verkehrsminister Winfried Hermann steht im Verdacht, in Sachen Stresstest gelogen zu haben. Die CDU legt ihm den Rücktritt nahe.

Stuttgart - Der baden-württembergische Verkehrsminister Winfried Hermann wird immer mehr zu einer Belastung für die grün-rote Koalition. Nach Recherchen der Stuttgarter Zeitung steht der Vorwurf der Lüge im Raum. CDU-Fraktionschef Peter Hauk kündigte an, Hermanns Entlassung als Minister zu beantragen. Hermann hatte am Samstag im SWR-Fernsehen erklärt: „Der Landesregierung liegen keinerlei Materialien vor zum Stresstest. Insofern kann ich das auch nicht kommentiert haben.“

 

Diese Aussage bezog sich auf einen Artikel in der „Frankfurter Rundschau“, in dem Hermann mit den Worten zitiert wurde, dass die Bahn den Stresstest wohl bestehe. Sein Ministerium tat dies später als Spekulation ab, ein Interview mit dem Minister habe nie stattgefunden. Der Autor des Textes sagte gegenüber der StZ, die Aussagen seien so gefallen. Hermann ruderte am Montag zurück und erklärte, er habe zwar mit dem Redakteur gesprochen, die Zitate aber nicht autorisiert.

Bahn weist Vorwürfe zurück

Die Bahn selber wies am Montag den Vorwurf Hermanns zurück, wonach das Unternehmen bei seiner Informationspolitik zum Stresstest „foul gespielt“ habe. Seit Wochen sei das Verkehrsministerium über alle Zwischenstände informiert gewesen. Dagegen warf Hermann der Bahn Stimmungsmache vor und betonte, es sei noch völlig offen, ob das umstrittene Bahnprojekt den Stresstest tatsächlich bestanden habe.

Das, was nun als angebliches Ergebnis des Stresstests bekannt geworden sei, sei nicht das Ergebnis, sondern die „durchgesickerte Bewertung seitens der Bahn“. Hermann sagte, dass sein Ministerium bisher zwar über den Lenkungsausschuss Stresstest von der Bahn informiert worden sei, ihm jedoch „keine Originalunterlagen“ vorlägen. Die Bahn widersprach dieser Darstellung. In drei Sitzungen sei das Ministerium über alle Details informiert worden.

"Das Land ist grundsätzlich einverstanden"

Minister Hermann selbst hatte am 30. Mai an der Sitzung des übergeordneten Lenkungskreises Stuttgart 21 teilgenommen, in der der Bahn-Technikvorstand Volker Kefer den Stand der Simulationen präsentierte. Hermann hatte danach die Einspeisung zusätzlicher Grunddaten verlangt, was die Bahn auch vornahm. Der StZ liegt ein Schreiben Hermanns an die Bahn vom 8. Juni vor, in dem es heißt: „Mit dem von Ihnen vorgeschlagenen Vorgehen ist das Land grundsätzlich einverstanden.“

Der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Hans-Ulrich Rülke, warf Hermann vor, seinen Amtspflichten nicht nachzukommen. Baden-Württemberg brauche keinen „Bundesbahn-Bekämpfungsminister“, der nichts anderes tue, als gegen die Bahn und Stuttgart 21 zu agitieren. Die Grünen kritisierten, die Bahn schere aus der Schlichtungsvereinbarung aus, wenn sie Ergebnisse des Stresstests durchsickern lasse. „Das trägt nicht dazu bei, dass der Konflikt befriedet wird,“ sagte der Parteivorsitzende Cem Özdemir.