Der Kaufvertrag sieht die Übergabe der geräumten Flächen bis Ende 2020 vor. Das ist nicht zu schaffen.

Stuttgart - Der Vertrag über den Verkauf der Gleis- und Bahnhofsflächen an die Stadt Stuttgart aus dem Jahr 2001 regelt auch den Fall, dass die Deutsche Bahn die Grundstücke länger benötigt als vereinbart. Dann werden Verzugszinsen fällig. Daran hat der Finanzbürgermeister Michael Föll nach der Lenkungskreissitzung erinnert, in der die Bahn angekündigt hatte, die neue Station statt Ende 2019 erst ein Jahr später in Betrieb zu nehmen.

 

Zur Erinnerung: gemäß dem Kaufvertrag von 2001 waren die Flächen bis Ende 2010 an die Stadt zu übergeben; ausgenommen sind rund 110 000 Quadratmeter im Nordbahnhofgebiet, die die Stadt bereits teilweise mit einem Berufsschulzentrum überbaut hat. Der Termin war bekanntlich nicht zu halten, weshalb es die Stadt schon 2007 in einer Ergänzungsvereinbarung für „sachgerecht“ erachtete, bis Ende 2020 auf die eigentlich von 2011 an zu erhebenden Verzugszinsen von rund 21,2 Millionen Euro jährlich zu verzichten. Dies entspricht einem Zinssatz von 5,5 Prozent auf den Kaufpreis von 424 Millionen Euro. Dieser ist deshalb nur knapp halb so hoch wie der für 2010 ausgewiesene Verkehrswert von 805 Millionen Euro. Der Abschlag gleicht die verspätete Übernahme der weiter mit Gleisen belegten Grundstücke aus.

Nicht erneut freiwillig auf Geld verzichten

Im Lenkungskreis räumte die Bahn nun allerdings ein, auch den 2007 festgelegten Termin nicht halten zu können. Erklärt sich der Gemeinderat nun nicht erneut bereit, freiwillig auf das Geld zu verzichten, das ihm vertraglich zusteht, wird der Stadtkämmerer die Bahn vom 1. Januar 2021 an zur Kasse bitten. Der Verzugszins beläuft sich dann auf vier Prozent über dem Basiszinssatz, der sich momentan mit 0,12 Prozent auf einem historischen Tiefstand befindet. Im Jahr 2000 betrug er allerdings 4,26 Prozent. Etwa 20 Millionen Euro würden damit jährlich in die Stadtkasse gespült; allerdings könnte die Stadt ihre Grundstücke auch nicht zeitnah veräußern, was sich wiederum negativ auf die Kasse auswirken würde.

Zwar hat die Bahn im Lenkungskreis die Fertigstellung auf Ende 2020 terminiert, so dass auf den ersten Blick der Eindruck einer Punktlandung entsteht, der den Konzern vor den Strafzahlungen bewahren würde. Entscheidend ist aber nicht der Zeitpunkt, an dem der unterirdische Tiefbahnhof in Betrieb gehen kann, sondern jener, an dem die verkauften Grundstücke von oberirdischem Ballast befreit worden sind. Das wird nach früheren Aussagen des Baubürgermeisters Matthias Hahn einige Jahre dauern, da der Kopfbahnhof bis zur Einweihung von S 21 benötigt wird und erst dann mit der „Herstellung des Rückbauzustandes“ begonnen werden kann, wie es im Vertragsentwurf heißt.

Bahn muss „eisenbahntechnische Ausrüstungen“ entfernen

Die Bahn muss etwa alle „eisenbahntechnischen Ausrüstungen wie Oberleitungen, Gleise, Schwellen, Weichen, Signalanlagen und Kanäle mit Kabeln“ entfernen; dazu sämtlichen Gleisschotter und alle oberirdischen Gebäude sowie bauliche Anlagen, und zwar auch die unterirdischen (insbesondere Fundamente) bis zu einer Tiefe von zwei Metern sowie „Tanks und Leichtflüssigkeitsabscheider“. Der Verkäufer ist zudem verpflichtet, Stützwände zurückzubauen und Böschungen herzustellen.

Eine Verspätung kommt der Bahn auch noch an anderer Stelle teuer zu stehen. Der Technik-Vorstand Volker Kefer kalkuliert bei einer „hypothetischen Verspätung“ wegen der Inflation und der Erhöhung der laufzeitabhängigen Projektkosten mit weiteren 40 Millionen Euro pro Jahr.