Im Abschnitt zwischen Hauptbahnhof und neuer Neckarbrücke wird im Rahmen von Stuttgart 21 nun auch an den Tunneln für den Nahverkehr gearbeitet. Im Bereich Wolframstraße wartet die Bahn aber noch auf die Genehmigung geänderter Pläne.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Der Juchtenkäfer, ein Insekt das es dank Stuttgart 21 zu überregionaler Bekanntschaft gebracht hat, ist wieder da. Um von dem Tier besiedelte Bäume nicht fällen zu müssen, hat die Bahn ihr Bauverfahren am Rand des Rosensteinparks ändern müssen. Dort kreuzen die Fernbahntunnel, die zwischen Bad Cannstatt und Hauptbahnhof verlaufen, die Röhren für die S-Bahn. Die übereinander liegenden Tunnel hätten eigentlich in einer großen Baugrube entstehen sollen.

 

Weil aber just dort die Juchtenkäferbäume stehen, die nicht angetastet werden dürfen, gräbt sich die Bahn unter ihnen hindurch. Das kostet 20 Millionen Euro mehr als die ursprünglich vorgesehene Methode. Für Christoph Lienhart hat die Planänderung aber auch Vorteile. „Die Eingriffe in die Landschaft sind geringer. Es fällt zudem 60 Prozent weniger Aushub an“, erklärt der bei der Bahn-Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm (PSU) für den Abschnitt zuständige Leiter. Die Ehmannstraße müsse zudem nicht vorgesehen vorübergehend in den Park verlegt werden und der Schutz des Heilquellenschutzgebiets werde weniger aufwendig, so Lienhart.

Noch keine Genehmigung für Bauen am Neckarhang

Komplex ist der Bauabschnitt allemal. Die Decke des nun begonnen S-Bahntunnels dient als Sohle der darüber verlaufenden Fernbahnröhren. Zunächst arbeiten sich die Mineure gut 100 Meter weit unter den Rosensteinpark. Dann kleiden sie das Tunnelstück mit einer Betoninnenschale aus, die stabil genug ist, dass darüber der Tunnel für die Fernbahngleise gebaut werden kann. Gut 600 Meter lang sind die Tunnel unter der historischen Parkanlage. Allerdings ringt die Bahn noch um eine Genehmigung für das Portal am Hang unterhalb von Schloss Rosenstein. Auch dort gibt es Bäume, die dem Juchtenkäfer möglicherweise Lebensraum bieten. „Allerdings gibt es noch keinen konkreten Nachweis, dass die Tier dort auch wirklich vorkommen“, sagt Florian Bitzer von der PSU.

Aber um Hand an die dort stehenden sechs sogenannten Juchtenkäferverdachtsbäume legen zu dürfen, bedarf es einer Ausnahmegenehmigung der Europäischen Union. Die nötigen Anträge seien mittlerweile über die Zwischenstationen Eisenbahnbundesamt, Bundesverkehrsministerium und Bundesumweltministerium in Brüssel auf den Weg gebracht, so Bitzer. Er hofft, die Ausnahmegenehmigung bis Oktober in den Händen zu halten.

Logistikstraße wird für Tunnelbau unterbrochen

Auch in Richtung Hauptbahnhof soll die S-Bahnstrecke demnächst entstehen. Entlang der Rosensteinstraße ist der Trog für die neue Haltestelle Mittnachtstraße, die von allen sieben S-Bahnlinien angefahren wird, bereits zu erkennen. Nördlich davon reißt die Bahn demnächst eine ausgediente Bahnbrücke ab, um Platz für einen Neubau zu schaffen. „Den Lückenschluss in Richtung Hauptbahnhof wollen wir 2018 beginnen“, sagt Lienhart. Allerdings wartet die Bahn auch dort auf die Genehmigung geänderter Pläne. Die betreffen den Bereich der Wolframstraße. Dort liegt der S-Bahntunnel nicht zur Gänze unter der Erde. Die Straße muss während der Bauzeit über die Baustelle geleitet werden. Die bisher geplante Straßenführung sei so nicht zu realisieren gewesen, sagt Florian Bitzer. Eigentlich hatte die Bahn die Genehmigung für den Februar erwartet, nun werde es wohl Sommer werden.

Um den Tunnel bauen zu können, muss zudem eine ehemalige Bahnbrücke abgerissen werden, über die heute die Logistikstraße führt. Über sie wickelt die Bahn den Transport des Erdreichs ab, der im Innenstadtbereich aus den Tunneln und dem Bahnhofstrog kommt. Ob der Aushub in diesem Bereichen bis zum nun anvisierten Baubeginn für den S-Bahntunnel abgeschlossen sein wird, blieb offen. Die Genehmigung sieht aber vor, dass die Bahn den Baustellenverkehr auf einem eigenen Straßennetz führt. Um den neuen S-Bahntunnel mit dem bestehenden am Hauptbahnhof zu verbinden, muss an dieser neuralgischen Stelle wieder in die Gleisführung eingegriffen werden. Jürgen Wurmthaler, Infrastrukturdirektor des Verbands Region Stuttgart, drängt darauf, dass bei Arbeiten in diesem heiklen Bereich die S-Bahn so wenig wir möglich in Mitleidenschaft gezogen werden dürfe.

Erste S-Bahnen vom Hauptbahnhof via Mittnachtstraße zum Nordbahnhof und nach Bad Cannstatt sollen ein halbes Jahr vor der Inbetriebnahme des Durchgangsbahnhofs von Stuttgart 21 rollen.