Ein Polizist ist durch einen Böller beim Protest gegen Stuttgart 21 verletzt worden. Der Beschuldigte streitet ab, den Knallkörper geworfen zu haben. Ein neuer Zeuge will drei Tatverdächtige beobachtet haben.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Eberhard Bauer ist ein bisschen erleichtert. Denn vor dem Amtsgericht ist ein Zeuge aufgetreten, der infrage stellte, was die Polizei nach der Stürmung der Baustelle des Grundwassermanagements am 20. Juni 2011 ermittelt hatte. Demnach soll er einen Böller geworfen haben, durch den mehrere Polizeibeamte verletzt worden waren. Einer von ihnen klagt gegen den 72-jährigen Rentner auf Schmerzensgeld. „Ich war das nicht“, sagt Eberhard Bauer dazu.

 

Nach einem Bericht der Stuttgarter Zeitung über den ersten Verhandlungstag meldete sich der Zeuge, der auf Antrag von Bauers Verteidiger nun geladen wurde. Er habe an jenem Abend drei Männer im Alter von 30 bis 40 Jahren gesehen, von denen einer einen Gegenstand anzündete und auf den Boden warf, ein zweiter ihn unter einem Baufahrzeug hindurchkickte. Kurz darauf habe es auf der anderen Seite des Fahrzeugs geknallt, „mindestens so laut wie von einem Kanonenschlag“, so der 77 Jahre alte Zeuge. Dort standen die Polizisten, die verletzt wurden. Der Beschuldigte habe nicht zu den Böllerwerfern gehört.

Ein neuer Zeuge ist aufgetaucht

Ihn hatte ein anderer Augenzeuge belastet. Das berichtete eine Kriminalhauptkommissarin, die die Ermittlungen nach dem 20. Juni geführt hatte. Der Zeuge meinte bei einer ersten Vernehmung, er habe den Beschuldigten gesehen, wie er sich bückte und einen Böller ablegte. Später soll er gesagt haben, er kenne den Mann nicht, gehe jedoch davon aus, dass er den Böller gezündet habe. Für den Anwalt des Rentners aus dem Sommerrain war das eine Rücknahme der ersten Aussage. Für die Polizistin eine Ergänzung. Die Richterin wusste unterdessen nicht genau, was sie die Zeugin eigentlich fragen sollte: „Sie waren ja an jenem Abend nicht vor Ort.“

Anders bei dem Zeugen der Verteidigung, der drei andere mögliche Täter ins Spiel brachte. Wie er denn nun dazukomme, sich zu Wort zu melden. „Ja klar, ich hätte damals schon zur Polizei gehen und berichten können. Aber ich dachte, man glaubt mir nicht.“ Deswegen, und weil er wegen der Vorkommnisse am sogenannten schwarzen Donnerstag der Polizei gegenüber misstrauisch gewesen sei, wie er vor der Verhandlung sagte, habe er geschwiegen. Erst jetzt, als er las, dass der seiner Meinung nach Falsche beschuldigt werde, habe er beschlossen, sich zu melden.

Die Anwältin des vor einem Jahr verletzten Polizisten beantragte, das Verfahren auszusetzen, bis es eine Entscheidung im Strafverfahren gibt. Mitte der kommenden Woche entscheidet das Gericht darüber. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft, an deren Ende ein Strafverfahren stehen könnte, so der Verdacht bestehen bleibt, sollen wohl Ende Juli abgeschlossen sein, sagte deren Sprecherin.