Die Bahn vergibt für 635 Millionen Euro den größten Auftrag auf der Neubaustrecke zwischen Wendlingen und Ulm. Nach Angaben des Konzerns liege sie mit der Vergabe unter dem selbst gesteckten Kostenplan.

Stuttgart - Den Zuschlag für den knapp zehn Kilometer langen Fildertunnel hat die österreichische Porr-Gruppe zusammen mit einem Bieterkonsortium bereits im Juli 2011 von der Deutschen Bahn erhalten, nun hat sich einer der größte Baukonzerne der Alpenrepublik auch den schwersten Auftrag gesichert, der beim Bau von Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm vergeben wird: den anspruchsvollen Streckenabschnitt am Albaufstieg mit vier Tunnelröhren und einer Gesamtlänge von 15 Kilometern.

 

Auf knapp 800 Millionen Euro hatte die Bahn das Teilstück der Schnellfahrtrasse ursprünglich veranschlagt, für nur 635 Millionen soll der Auftrag nun in dieser Woche vergeben werden. Die Bahn liege im Planfeststellungsabschnitt 2.2 deutlich unter dem von ihr errechneten Kostenplan, bestätigte Projektsprecher Wolfgang Dietrich am Dienstag auf Anfrage. Dadurch entstehe ein finanzieller Puffer im dreistelligen Bereich. Der Vergabeprozess hatte vor zwei Wochen begonnen, die Absagen an die Mitbieter seien bereits verschickt worden. Insgesamt hatten sich sieben Unternehmen für den millionenschweren und offenbar eng umkämpften Bauabschnitt beworben, weshalb die Bahn bei den nun abgeschlossenen Verhandlungen den Preis drücken konnte.

Baugrund gilt als anspruchsvoll

Insgesamt 60 Kilometer lang ist die Neubaustrecke zwischen Wendlingen und Ulm, der nun vergebene Abschnitt gilt aber als der mit Abstand anspruchsvollste in der Ausführung. Gebohrt werden muss zum einen der neun Kilometer lange Boßlertunnel, der in Aichelberg auf 300 Meter Höhe beginnt und durch Millionen Jahre altes Juragestein führt, was tunnelbautechnisch als Herausforderung gilt. Am Ende des Albaufstiegs muss zudem unter nicht weniger schwierigen Bedingungen der knapp fünf Kilometer lange Steinbühltunnel gebaut werden, der die Züge mit einer Steigung von 25 Promille auf 750 Meter hinaufführt. Jede Tunnelstrecke wird dabei eingleisig gebaut, zwischen den Röhren der jeweiligen Fahrtrichtungen muss aus Sicherheitsgründen teilweise ein Abstand von 40 Metern eingehalten werden.

Geplanter Baubeginn auf diesem Teilstück der Schnellfahrstrecke soll bereits im März nächsten Jahres sein, bis spätestens 2018 sollen die Arbeiten an den insgesamt vier Tunnelröhren und einer verbindenden Brücke abgeschlossen sein. Um schneller durch die Gesteinsschichten der Schwäbischen Alb zu kommen, wird laut Planfeststellungsbeschluss in Gruibingen etwa auf Höhe der Autobahnraststätte zusätzlich ein Zwischentunnel eingerichtet, der nach dem Ende der Arbeiten wieder zugeschüttet wird. Das ausgebrochene Gestein soll teilweise als Lärmschutzwall an der Autobahn verwendet werden. Um das restliche Material abfahren zu können, insgesamt fallen bei den Arbeiten rund drei Millionen Kubikmeter an, richtet die Bahn eigene Autobahnabfahrten für die Schwertransporter ein, etwa in Aichelberg und an der Autobahnraststätte Gruibingen.

Anbieter für Cannstatter Tunnel in Turbulenzen

Während der Vertrag mit der Porr-Gruppe bereits heute abgeschlossen werden soll, könnte ein weiterer Baukonzern aus Österreich die Pläne der Bahn erneut durcheinanderbringen. Laut mehrerer Medienberichte soll der Konzern Alpine Bau, der zusammen mit zwei weiteren Unternehmen den Auftrag für den Bau der Tunnelröhren nach Bad Cannstatt mit einem Volumen von insgesamt 290 Millionen Euro erhalten hat, in erheblichen finanziellen Schwierigkeiten stecken. Unter anderem soll Anfang dieser Woche bereits die Vergabe eines Planungsauftrags an Alpine Bau für ein Kongresszentrum gestoppt worden sein. Zudem ermittelt offenbar die Finanzmarktaufsicht gegen Österreichs zweitgrößten Baukonzern mit Sitz in Salzburg, weil dieser zu spät über seine missliche Lage informiert und damit gegen die Ad-hoc-Publizität verstoßen haben soll. Der Konzern selbst teilte in einer Pflichtveröffentlichung mit, dass „der Konzernabschluss für das Geschäftsjahr 2012 vor allem aufgrund der Entwicklung bestimmter Projekte einen erheblichen Verlust aufweisen“ würde.

Auswirkungen auf den eng gesteckten Zeitplan oder die Kostenkalkulation im Planfeststellungsabschnitt 1.5 befürchtet die Bahn derweil dennoch nicht, wie Projektsprecher Wolfgang Dietrich auf Anfrage erklärte. Ein möglicher Ausfall des österreichischen Unternehmens habe keinerlei Auswirkungen auf den Fortgang des Projekts. Der Auftrag sei an ein Konsortium vergeben worden, dem federführend auch das Bauunternehmen Hochtief sowie Wayss & Freytag angehören. Diese Bietergemeinschaft hafte für die termingerechte Ausführung des Auftrags.