Die Projektpartner von Stuttgart 21 vereinbaren Gespräche zur Weiterentwicklung des Bahnknotens. Nach dem jüngsten Lenkungskreis meldet Landesverkehrsminister Winfried Hermann Zweifel an den vom Bundesrechnungshof ermittelten Zahlen an.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Das Land Baden-Württemberg, die Stadt Stuttgart, der Regionalverband und die Bahn – die im Lenkungskreis für Stuttgart 21 vertretenen Projektpartner – wollen den Blick auf die Zeit nach Inbetriebnahme des Milliardenprojekts richten. „Mit S 21 sind ja nicht alle Probleme auf einen Schlag gelöst“, erklärte Landesverkehrsminister Winfried Hermann im Anschluss an die 16. Lenkungskreissitzung am Montag. Über die Frage, an welchen Stellen im Bahnknoten Stuttgart weitere Ausbauten nötig sind, wolle man sich mit den Projektpartnern austauschen. „Die begonnene Zusammenarbeit mit den Projektpartnern wollen wir auf alle Fälle fortsetzen“, so Hermann.

 

Weitere Gleise im Norden der Stadt?

Konkrete Maßnahmen könnten der Erhalt der Panoramastrecke der Gäubahn oder der kreuzungsfreie Ausbau des Abzweigs bei Wendlingen zur Bahnstrecke Plochingen-Tübingen sein. „Zudem sehen wir einen Engpass bei den nördlichen Zulaufstrecken. Dort wird ein 5. und 6. Gleis gebraucht“, so Hermann. Eine Forderung, die am Montag auch der Verkehrsclub Deutschland erhoben hat. Der Engpass zwischen Zuffenhausen und Feuerbach müsse durch weitere Gleise aufgelöst werden, heißt es in einer Stellungnahme des VCD zum Bundesverkehrswegeplan 2030. Regionaldirektorin Nicola Schelling brachte eine Modernisierung der Signaltechnik ins Gespräch. Der European Train Control System (ETCS) genannte Standard erlaube dichtere Zugfolgen, was die angespannte Lage vor allem auf der Stammstrecke der S-Bahn verbessere. OB Fritz Kuhn (Grüne) war es wichtig, „dass die Infrastruktur auch die Zuwächse aus der Metropolregion, also etwa auch aus Heilbronn, Tübingen und Reutlingen bewältigen kann“. Dass dies alles notwendig werde, um die nach Ansicht von Projektkritikern mit Mängeln behaftete Planung von Stuttgart 21 zu verbessern, wies Bahninfrastrukturvorstand Volker Kefer zurück. „Über die Leistungsfähigkeit des neuen Knotens herrscht im Lenkungskreis Einigkeit“, sagte er.

Winfried Hermann: Rechnungshof nicht auf der Höhe der Zeit

Zuvor hatten sich die Projektpartner über das Gutachten des Bundesrechnungshofs (BRH) sowie über jenes, das der Bahnaufsichtsrat bei den Wirtschaftsprüfern von KPMG in Auftrag gegeben hatte, unterhalten. Kuhn und Hermann kritisierten, die Dokumente nicht im Original vorliegen zu haben. Das BRH-Papier habe man sich „mühselig ums Eck und halblegal“ in Auszügen besorgen müssen, monierte der Verkehrsminister. „Es scheint aber, dass der Bundesrechnungshof nicht ganz auf der Höhe der Zeit ist, Dinge falsch berechnet oder Kosten reingerechnet hat, die nicht dazu gehören“, erklärte Hermann. Es sei wahrscheinlicher, dass das Projekt in dem vom KPMG vorhergesagten Rahmen abgeschlossen werde. Die Wirtschaftsprüfer haben einen Bereich zwischen 6,3 und 6,7 Milliarden Euro ermittelt. Die Bahn zeigt sich weiterhin zuversichtlich, sich im Finanzierungsrahmen von rund 6,5 Milliarden Euro zu bewegen. Zwei Drittel der Vergaben seien bei Stuttgart 21 getätigt, sagte Kefer. Bis Jahresende werden zwei Milliarden Euro ausgegeben sein, 54 Prozent der vorgesehenen 6,5 Milliarden Euro seien vertraglich gebunden. Nach wie vor strittig ist, wer für die zwei Milliarden Euro aufkommt, die das Projekt derzeit über den im Finanzierungsvertrag fixierten Kosten von 4,5 Milliarden Euro liegt. Stadt, Land und Region beteiligen sich nicht daran, am Ende werde man sich wohl vor Gericht sehen, sagte Kefer. Hermann warnte vor einem solchen Schritt, der „das Ende einer Kooperation zwischen Ländern, Kommunen und Bahn“, darstellen würde.

Stadt und Bahn haben Möglichkeiten gefunden, den im Bereich des Bahnhofsneubaus aufgelaufenen Verzug von zwei Jahren gegenüber der ursprünglichen Terminplanung um zwölf Monate zu reduzieren, sagte Fritz Kuhn – schränkte aber sofort wieder ein, dass für diese Maßnahmen das Plazet des Eisenbahnbundesamtes (Eba) vorliegen müsse. Die Abläufe zwischen Bahn und Eba wirke für Außenstehende mitunter „wie Pingpong“, so Kuhn.