Das Zeltlager im Schlosspark in Stuttgart wird wegen Hinweisen auf Drogen durchsucht. Doch auch andere Delikte kommen zutage.  

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Das Wort vom "rechtsfreien Raum" hat immer wieder im Zusammenhang mit dem Zeltdorf im Schlossgarten die Runde gemacht. Die Polizei will dort nun verstärkt Präsenz zeigen. Das habe zwei Gründe, sagt Stefan Keilbach, der Sprecher der Stuttgarter Polizei. Einerseits dulde die Polizei keinen "rechtsfreien Raum", andererseits sei es schon zu einer Reihe von Straftaten im Umfeld des Dorfes, das seine Wurzeln in der Protestbewegung gegen Stuttgart 21 hat, gekommen. Und die Polizei habe Hinweise auf weitere Delikte: "Wir haben gehört, dass dort Drogen im Umlauf sein sollen", sagt Keilbach. Das hätten Bewohner öffentlich geäußert. Deswegen durchsuchte die Polizei am Dienstag einige Zelte. Rund 20 Gramm Marihuana, fünf Gramm Haschisch und einen Joint habe man gefunden.

 

Die Polizei veröffentlichte gestern eine Liste der Fälle, die sie im Umfeld des Zeltdorfes schon bearbeitet hat. Unter anderem seien dort vier Männer festgenommen worden, die gesuchte Straftäter waren und in dem Camp untergeschlüpft seien. Einer von ihnen hatte im Sommer einen Pförtner im Kultusministerium mit einem Messer angegriffen. Vier Jugendliche, Ausreißer, die sich im Zeltdorf versteckt hatten, seien zu den Eltern zurückgebracht worden. Außerdem habe die Polizei Exhibitionisten und Diebe festgenommen. Zwei Frauen, die in den Zelten wohnten, seien Opfer von Sexualdelikten geworden: einmal sei eine Minderjährige, ein anderes Mal eine Erwachsene nachts bedrängt worden.

"Kiffen gegen Stuttgart 21"

Von ungewohnter Seite wird das Vorgehen der Polizei begrüßt: von den Parkschützern. "Eine verstärkte Präsenz im Park heißt, dass die Polizei überhaupt mal wieder hier patrouilliert", sagt Matthias von Herrmann, der Sprecher der Organisation. "Die ganze Republik schaut zurzeit auf den Park und wirft alles in einen Topf", sagt von Herrmann. Die Parkschützer halten zwar Kontakt mit den Zeltdorfbewohnern, sehen die Entwicklung jedoch kritisch - und wollen nicht, dass man ihnen die Rechtsverstöße anhängt. Richtig sauer wird von Herrmann, wenn er nach den Drogenfunden Meldungen mit der Überschrift "Kiffen gegen Stuttgart 21" liest. "Obdachlose mit Drogenproblemen gibt es überall. Das hat nichts mit dem Protest gegen Stuttgart 21 zu tun", wehrt er sich gegen die Stigmatisierung der Projektgegner als Kiffer.

Es gibt zwei Bereiche im Zeltdorf. Zu den Leuten, die in der Nähe des Landespavillons campieren, haben die Parkschützer regelmäßig Kontakt. Der Sprecher der Gruppe, Niko Zahn, und weitere Entsandte nehmen an den Sitzungen des Parkschützerrats teil. Beim Biergarten habe sich eine Gruppe angesiedelt, die auch von Projektgegnern nicht als politisch motiviert bezeichnet wird.

Seit August 2010 keine Parkpflege mehr

Niko Zahn nimmt jedoch alle Campierer in Schutz: "Nur weil jemand am Rand der Gesellschaft lebt und deswegen vielleicht auch ein Drogenproblem hat, heißt das noch lange nicht, dass er keine politische Meinung hat", sagt der Zeltdorfsprecher. Er suche auch mit Kritikern der Protestbewegung den Dialog, sagt Zahn. Vor Kurzem habe sich die CDU bei einem Vor-Ort-Termin ein Bild von der Lage gemacht. "Ich hab im Gespräch einige Vorurteile entkräften können", sagt er. Als Beispiel nennt er den Vorwurf, die Zeltbewohner würden den Park verdrecken, da sie wild urinierten. "Ich habe der CDU gezeigt, wo unsere Dixie-Klos stehen. In jedem Park stinkt es in den Hecken. Daran sind auch in Stuttgart nicht die Zeltbewohner schuld." Auch die überquellenden Mülleimer seien nicht den Zeltdorfbewohnern zuzuschreiben. "Bis zum August 2010 wurde der Müll entsorgt, danach wurde die Abfuhr ebenso wie die Pflege des Parks eingestellt", sagt Zahn, das habe er auch den Politikern erklärt.

Wohnung durchsucht

Beschlagnahme: Die Ermittler haben am Mittwoch einen einzelnen Stuttgart-21-Gegner gezielt ins Visier genommen. Die Wohnung des Parkschützers Fritz Mielert wurde durchsucht, dabei wurden Festplatten und Rechner beschlagnahmt. Vorwurf Ihm wird zur Last gelegt, Daten manipuliert zu haben. Er soll fingierte Adressen als Absender für eine Mailaktion an Abgeordnete benutzt haben. So sollte der Eindruck entstehen, dass das Schreiben von mehreren Personen verschickt worden sei.