Der Neubau des Hauptbahnhofs beflügelt die Fantasie der Planer – und lässt eigene Ideen entstehen. Die StZ zeigt zwei Beispiele.

Stuttgart - Stuttgart 21 wirkt auf Stadtplaner und Architekten eine gewaltige Anziehungskraft aus. Ständig entwickeln Fachleute auf eigene Faust Alternativplanungen, die sie Bahn-Chef Rüdiger Grube und den Spitzen der Stadtverwaltung präsentieren – in der Hoffnung, selbst ein Jahr nach dem Baustart noch Gehör zu finden. So hat der Stuttgarter Architekt und Stadtplaner Uwe Eggert mit seinem Institut of Development (IOD) die Idee eines Ökoterminals entwickelt, um eine Lösung des noch nicht zufriedenstellend gelösten Problems anzubieten, wo in Stuttgart künftig ein zentral gelegener Bahnhof für Fernomnibusse (ZOB) gebaut werden soll.

Nachdem Vaihingen für das Projekt gestorben ist, stehen im Norden und in Obertürkheim zwei Provisorien zur Verfügung. Die Stadt will den ZOB künftig am Flughafen einrichten. Uwe Eggert glaubt allerdings, in der Innenstadt einen geeigneteren Standort gefunden zu haben: unter der Athener Straße, die hinter dem Hauptbahnhof entlang der Landesbank verläuft.

Dafür müsste die Deutsche Bahn allerdings auf zwei Parkdecks verzichten. Dieser 200 Meter lange und 53 Meter breite Bereich würde über zwei Rampen angefahren, die zur Wolframstraße führen. Die zweite Etage ist oberirdisch – die Sackgasse Athener Straße soll weitere Parkmöglichkeiten bieten und für die geplante Philharmonie gegenüber dem Bonatz-Bau eine repräsentative Vorfahrt bieten.

Eggert rennt keine offenen Türen ein


Eggert schwebt freilich mehr als nur ein Bahnhof für Busse aus Osteuropa vor; er träumt von einem "Ökoterminal", in dem verschiedene Verkehrsmittel vernetzt werden. Bahn-Chef Grube könne seiner Idee vom Nebeneinander von Bussen, Taxis, Carsharing-Fahrzeugen, Mietwagen und Fahrrad- und E-Bike-Verleihstationen durchaus etwas abgewinnen, sagt der Architekt. Erst so werde aus dem Bahnhof eine Drehscheibe. Nach einer Präsentation habe es einen ausführlichen Briefwechsel gegeben. Der Bahn-Chef verweist allerdings auf die Zuständigkeit der Stadt – und umgekehrt.

In der Bauverwaltung rennt Eggert mit seinem Entwurf, der eine direkte Verbindung zwischen Tiefbahnhof-Verteilerebene und Ökoterminal vorsieht, keine offenen Türen ein – und dies, obwohl er sogar schon einen Investor für das Projekt anbietet. Baubürgermeister Matthias Hahn sagt, anders als Eggert glaube, werde die Athener Straße nicht mehr wie bisher als 50 Meter breite Allee geplant; man habe sich entschieden, die darunter liegende Stadtbahntrasse zu überbauen, um dort gründen zu können.

Städtebaulich sei Eggerts Planung mit breiten Lüftungsschlitzen und den Stegen darüber kein erstrebenswertes Ziel. Zudem diene die Straße während der langen Bauzeit als Logistikfläche, stehe also kurzfristig gar nicht zur Verfügung. Uwe Eggert sagt, bei einigen Fraktionen habe er mit seiner Idee offene Ohren gefunden.

Gerlachs Vorschlag: ein Kompromiss


"Im Zuge von Stuttgart 21 soll ein tiefer gelegter, glasüberdachter Durchgangsbahnhof die Funktion des Bonatz-Bahnhofs übernehmen." An diese Maßgabe erinnerte die StZ im Juli 1997. Sie bildet die Grundlage eines Entwurfs des Musberger Architekten Roland Gerlach, den er "Lösungsvorschlag zum Streitpunkt Bahnhof Stuttgart" nennt.

Er sagt Ja zur Tiefstation, will sie aber nicht vollständig unter die Erde verlegen und plant mit beiden Seitenflügeln. Gerlach präsentiert einen "Kompromiss, mit dem Befürworter und Gegner, jeweils mit Abstrichen zurechtkommen können": Stuttgart 21 würde umgesetzt, der Bahnhof bliebe erhalten und die Stadt bekäme mit einem an die Innenstadt direkt angebundenen neuen Zentrum mehr Qualität.