Kritiker des Bahnprojekts Stuttgart 21 appellieren an die Landesregierung, sich für einen Stopp der Arbeiten einzusetzen, bis offene Fragen auf den Fildern und zur Leistungsfähigkeit des Durchgangsbahnhofs geklärten seien. Der BUND hat derweil Biber entlang der geplanten Strecke bei Wendlingen ausgemacht.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Gegner des Bahnprojekts Stuttgart 21 haben ihre Kritik an jenem Verfahren erneuert, in dem Ende September, Anfang Oktober über den Planabschnitt rund um den Flughafen diskutiert wurde. In dem Bereich auf den Fildern fehlt der Bahn nach wie vor das Baurecht. Christoph Engelhardt, der im Auftrag des Regionalverbands Stuttgart des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) als Experte an der Erörterungsverhandlung teilgenommen hat, sieht das Verfahren gar als gescheitert an.

 

Kritiker nähren Zweifel an der Leistungsfähigkeit

Seine Einschätzung stützt der Physiker weniger auf die Probleme, mit denen sich die Bahn auf den Fildern konfrontiert sieht. Vielmehr hält es Engelhardt für erwiesen, dass der Durchgangsbahnhof in der Innenstadt nicht die versprochene Zahl an Zügen bewältigen könne. Damit falle aber die sogenannte Planrechtfertigung weg. Seine Sichtweise legt Engelhardt in der Januar-Ausgabe des Fachmagazins „Eisenbahn-Revue International“ detailliert auf sieben Seiten dar. Engelhardt sieht die Landesregierung in der Pflicht, dafür zu sorgen, dass die aus seiner Sicht ungeklärten Fragen in einer öffentlichen Fortsetzung der Anhörung auf den Fildern geklärt werden. „Wir setzen auf den Hebel der öffentlichen Meinung und hoffen auf die politische Vernunft“, sagte Engelhardt mit Blick auf die eingeschränkten rechtlichen Mittel, auf eine Fortsetzung des Verfahrens zu dringen.

Steffen Siegel von der Schutzgemeinschaft Filder forderte, die Arbeiten in den übrigen Abschnitten zumindest so lange einzustellen, bis es eine genehmigte Planung auf den Fildern gebe – oder gleich das Gesamtprojekt sein zu lassen. „Die von Christoph Engelhardt beschriebenen Probleme im Tiefbahnhof werden durch die unzureichende Planung auf den Fildern noch verstärkt.“ Nötiger als Stuttgart 21 habe die Region ein Verkehrskonzept, das sicherstelle, wie Tausende Pendler jeden Tag von zuhause zur Arbeit und zurück gelangten.

BUND macht Biber entlang der geplanten Strecke aus

Weitere Probleme sieht der BUND für die Bahn derweil auch im benachbarten Planabschnitt 1.4 heraufziehen. Laut BUND haben sich nun zwei Exemplare des Europäischen Bibers im Naturschutzgebiet „Grienwiesen“ und „Am Rank“ zwischen Köngen und Unterensingen (beides Kreis Esslingen) angesiedelt. Die Tiere sind artenrechtlich geschützt. Der BUND fordert in einem Schreiben an das Eisenbahnbundesamt und an das Regierungspräsidium Stuttgart eine artenschutzrechtliche Prüfung. Der Naturschutzverband erinnert daran, dass die Bahn bei Stuttgart 21 schon mehrmals mit artenschutzrechtlichen Problemen zu kämpfen hatte. Die Umweltschützer nennen als Beispiele Juchtenkäfer und Zauneidechsen.

Der Planabschnitt 1.4 umfasst den Streckenabschnitt von der Gemarkungsgrenze Stuttgart bis ans Neckarufer bei Wendlingen. In diesem Gebiet hat die Bahn bereits seit Ende April 2008 Baurecht. Bislang ist ein 386 Meter langes Viadukt über das Sulzbachtal bei Denkendorf im Rohbau fertiggestellt. Ob eine artenschutzrechtliche Prüfung bei bereits genehmigten Bauvorhaben möglich ist und welche Auswirkungen sie haben kann, konnte das zuständige Stuttgarter Regierungspräsidium auf Anfrage am Montag nicht klären.