Zwei Prüfberichte hat der Bundesrechnungshof zuletzt zu Stuttgart 21 erarbeitet – einer unterliegt wegen des Aktienrechts der Geheimhaltung. Kritik der Bahn an den Erkenntnissen kommt bei den Prüfern nicht gut an. Sie reagieren mit deutlichen Worten.

Stuttgart - Die Frage, wie die Beurteilung von Stuttgart 21 durch den Bundesrechnungshof (BRH) einzuschätzen ist, führt zu einer Auseinandersetzung zwischen der Kontrollbehörde und der Deutschen Bahn. Die Aussagen von Peter Sturm, Geschäftsführer der Bahn-Projektgesellschaft Stuttgart–Ulm (PSU), der im StZ-Interview gesagt hatte, der Rechnungshof sei zum Teil auf der Grundlage alter Unterlagen zu seiner Beurteilung gelangt, sind bei der Bonner Behörde nicht gut angekommen. Der BRH „weist die von führenden Vertretern der Deutschen Bahn AG und ihrer Projektgesellschaft öffentlich erhobenen Vorwürfe gegen ihn zurück, seine Feststellungen basierten auf veralteten Unterlagen“, heißt es in einer schriftlichen Stellungnahme der Behörde. „Die Vorwürfe entsprechen nicht der Sachlage und sind für eine sachliche Diskussion in den zuständigen Gremien wenig hilfreich.“ Ein Teil der BRH-Berichte unterliegt unter Hinweis auf § 395 des Aktiengesetzes der Geheimhaltung.

 

Aufsichtsratssitzung aus dem Jahr 2013 im Fokus

Die Prüfer hatten sich den milliardenschweren Umbau des Stuttgarter Bahnknotens nochmals genauer angeschaut. Ausgangspunkt war eine Aufsichtsratssitzung der Bahn im Jahr 2013, in der die Aufseher eine Steigerung der Kosten von bis dahin vereinbarten 4,5 Milliarden Euro auf 6,5 Milliarden Euro genehmigten. Für seine nun abgeschlossene Überprüfung habe der BRH „alle Vorlagen des Vorstands der Deutschen Bahn AG an den Aufsichtsrat und dessen Unterausschüsse von 2009 bis Juni 2016 eingesehen und ausgewertet, zu denen auch zahlreiche Statusberichte von Wirtschaftsprüfern gehörten. Somit hatte der Bundesrechnungshof im Juni 2016 den gleichen Kenntnisstand von dem Projekt, wie der Aufsichtsrat“, heißt es beim BRH. „Die optimistische Einschätzung der Deutschen Bahn AG zu zahlreichen Chancen und Risiken, die in die Kostenschätzung des Jahres 2013 eingeflossen sind, teilt der Bundesrechnungshof nicht.“

Rechnungshof erinnert an bisherige Kostensteigerungen

Im Juni 2016 hatte Bahninfrastrukturvorstand Volker Kefer die DB-Aufsichtsräte über das Ergebnis einer Bestandsaufnahme im Hinblick auf die Kosten- und Terminsituation des Projekts informiert. Demnach wäre Stuttgart 21 für die veranschlagten 6,52 Milliarden Euro selbst dann zu bauen, wenn alle heute erkennbaren Risiken voll einträfen. Der BRH begegnet diesen Zahlen mit Zurückhaltung. „Wie die tatsächliche Entwicklung der Projektkosten für Stuttgart 21 bis Mitte 2016 belegt, ist die Sichtweise der Deutschen Bahn AG zu den vermeintlichen Projektkosten nicht immer zutreffend gewesen.“