Die Initiatoren zweier Bürgerbegehren gegen Stuttgart 21 sehen vor der Diskussion im Verwaltungsausschuss am Mittwoch noch offene Fragen. Sie werfen OB Fritz Kuhn eine Missachtung der Bürger vor.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Mit gleich zwei Bürgerbegehren wollen Stuttgart-21-Gegner Bürgerentscheide initiieren, die die Stadt zum Ausstieg aus dem milliardenschweren Bahnprojekt bewegen sollen. Zwar wurden jeweils die erforderliche Anzahl an Unterschriften gesammelt, doch lehnte der Gemeinderat auf Empfehlung der Verwaltung die geforderten Bürgerentscheide ab. Gegen diese Entscheidung legten die Initiatoren Beschwerde ein, über die an diesem Mittwoch der Verwaltungsausschuss und am Donnerstag der Gemeinderat befinden. Die Verwaltung empfiehlt, bei der bisherigen Linie zu bleiben.

 

Stuttgart-21-Gegner werfen dem Rathaus „postfaktische Politik“ vor

Es ist weniger diese absehbare Haltung als vielmehr das Verhalten von OB Fritz Kuhn (Grüne), das die Stuttgart-21-Gegner verärgert. So sehen sie eine Anfrage von SÖS/Linke-plus nur unzureichend beantwortet. In einem offenen Brief an Kuhn sprechen die sogenannten Vertrauensleute für die Bürgerbegehren von „postfaktischer Politik“, die im Rathaus praktiziert werde. Zudem sind sie empört, dass sie bei der Diskussion im Verwaltungsausschuss ihr Anliegen nicht darlegen dürfen.

Andreas Scharf, Leiter der Abteilung Kommunikation im Rathaus, verweist seinerseits darauf, dass eine ganze Reihe der im SÖS/Linke-plus-Papier aufgeworfenen Fragen bei den beiden Sondersitzungen des S-21-Ausschusses diskutiert und beantwortet worden seien. Themen, zu denen noch Stellungnahmen der Stadt ausstehen, müssten noch mit anderen Behörden, in erster Linie dem Eisenbahn-Bundesamt, abgestimmt werden. Dass es – wie von den Kritikern behauptet – eine Zusage Kuhns gebe, die Fragen bis zur Sitzung am Mittwoch zu beantworten, kann Scharf nicht nachvollziehen.

Initiatoren des Bürgerbegehren sehen Widersprüche in der Haltung der Stadt

Joris Schoeller, einer der Vertrauensleute, sieht zudem die Position der Stadt erschüttert – ausgerechnet durch Gutachten des Rechtsbeistands der Stadt. So habe der Anwalt der Stadt, Christian Kirchberg, in seinem Gutachten im Jahr 2015 davon gesprochen, das Bürgerbegehren betreffe den sogenannten Wirkungskreis der Gemeinde, also das, wofür der Gemeinderat originär zuständig ist. In einer Stellungnahme vom Juni 2016 komme derselbe Jurist nun zu einer gegenteiligen Einschätzung. Dass die Stadt den Initiatoren trotz dieses Widerspruchs kein Rederecht einräumen möchte, geißelt Schoeller mit harschen Worten: „Das ist eine Missachtung Ihrer Bürger“, sagt er an Kuhns Adresse.