Ronald Pofalla, seit Januar Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn, hält weiter eine außergerichtliche Einigung über die Finanzierung für möglich. Im Dezember hatte die Bahn die Projektpartner auf eine Beteiligung an den Mehrkosten verklagt. Am Freitag kommt Pofalla zum Lenkungskreis.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Der Streit um die Verteilung der Mehrkosten für Stuttgart 21 muss trotz einer entsprechenden Klage der Deutschen Bahn gegen ihre Projektpartner nicht zwingend vor Gericht geklärt werden. „Wichtig ist mir, deutlich zu machen, dass aus meiner Sicht immer noch die Möglichkeit einer außergerichtlichen Einigung besteht“, sagte Ronald Pofalla in seinem ersten Interview als Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn AG.

 

Ein Termin vor Gericht ist nicht in Sicht

Für den im Finanzierungsvertrag auf rund 4,5 Milliarden Euro taxierten Umbau des Stuttgarter Bahnknotens rechnet die Bahn weiterhin mit Kosten von 6,5 Milliarden Euro. Um eine eventuelle Verjährung der von ihr unterstellten Ansprüche zu vermeiden, hatte die Bahn im Dezember vergangenen Jahres die Projektpartner Land, Stadt, Region und Flughafengesellschaft vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart auf eine Beteiligung verklagt. Einen Termin für eine Verhandlung gibt es nach Angaben des Gerichts noch nicht. Nach Informationen der Stuttgarter Zeitung hat einer der Beklagten für die Klageerwiderung eine Fristverlängerung bis 15. Oktober 2017 beantragt. Die Projektpartner lehnen unisono eine weitere Beteiligung an den Kosten ab.

„Unsere Tür für eine außergerichtliche Einigung steht selbstverständlich weiterhin offen“, betont Pofalla. Die Frage, ob er den Klageweg beschritten hätte, lässt er offen. Zum Zeitpunkt der Klageeinreichung war der 57-Jährige noch für einen anderen Vorstandsbereich zuständig.

Pofalla wehrt sich gegen Vorwürfe der Einflussnahme

Der ehemalige Chef des Bundeskanzleramts verwahrt sich im Interview gegen Vorwürfe von Stuttgart-21-Gegnern, er habe in dieser Eigenschaft im Jahr 2013 Einfluss auf die vom Bund entsandten Aufsichtsräte der Deutschen Bahn genommen, auf dass diese trotz deutlich gestiegener Kosten dem Weiterbau zustimmen: „Es hat von meiner Seite keine Anweisung in Sachen S 21 gegeben.“

Am Freitag nimmt Ronald Pofalla erstmals an der Sitzung des Stuttgart-21-Lenkungskreises teil, in dem die Spitzenvertreter der Projektpartner zusammenkommen. Dabei soll es dem Vernehmen nach auch um den weiteren Schienenausbau in der Region nach Inbetriebnahme von S 21 gehen. Wann die ersten Züge durch den neuen Durchgangsbahnhof fahren, lässt Pofalla noch offen. „In den kommenden zwölf Monaten sehen wir klarer, was die Eröffnung angeht“. Bislang strebte die Bahn eine Inbetriebnahme zum Jahresende 2021 an. Nach einer internen Überprüfung der Terminpläne räumte die Projektgesellschaft aber 2016 ein, bis zu zwei Jahre hinter den Vorgaben hinterherzuhinken. Mittlerweile zeigt sie sich zuversichtlich, davon wieder ein Jahr wett machen zu können.

Zu Alternativvorschlägen, die Projektkritiker jüngst vorgelegt hatten, wollte sich Pofalla nicht äußern. Die Bahn sei „verpflichtet, das Gemeinschaftsprojekt Stuttgart 21 so umzusetzen, wie es der Finanzierungsvertrag von 2009 vorschreibt.“

– Interview: „Eine Lösung ist möglich“