Im Verkehrsausschuss des Deutschen Bundestages tauschen sich Projektbetreiber und -gegner ergebnislos zu Stuttgart 21 aus. Das Aktionsbündnis bringt einen Untersuchungsausschuss ins Gespräch.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Die Bahn sieht alle Zweifel an der von ihr vorgelegten Planung zu Stuttgart  21 ausgeräumt, die im Aktionsbündnis zusammengeschlossenen Projektgegner drohen weiter mit einem Untersuchungsausschuss im Bundestag. So unterschiedlich sind die Positionen. Doch für einen solchen Ausschuss dürfte es derzeit keine politische Initiative von Linken und Grünen geben. Zu groß, so die Argumente der Opposition, sei die Übermacht der Regierungskoalition, als dass man in einem solchen Gremium Akzente setzen oder gar das Aus für den Umbau des Stuttgarter Bahnknotens herbeiführen könnte.

 

Viel Lokalkolorit erhielt die Diskussion, als die Haller Bundestagsabgeordnete der SPD, Annette Sawade, dem von der Linken als Sachverständigen aufgebotenen Journalisten Arno Luik in die Parade fuhr, weil der sich zum Vergleich verstieg, „in der südschwäbischen Provinz wird ein Bahnhof für fast sieben Milliarden Euro gebaut, während der Hauptbahnhof in Berlin 1,2 Milliarden Euro gekostet hat“. Als langjährige Stuttgarter Stadträtin könne sie diese Herabwürdigung nicht stehen lassen. Wütenden Protest hatte sich Luik schon zuvor zugezogen, als er das Eingangsstatement des CDU-Abgeordneten Alexander Funk („Niemand hat die Absicht, einen unsicheren Bahnhof zu bauen“) zum Anlass nahm, an den ähnlich lautenden Ausspruch von DDR-Staats- und Parteichef Walter Ulbricht zu erinnern – in dem es allerdings um den Bau der Berliner Mauer ging.

Kritik an mangelnder Transparenz

Mehrfach echauffierten sich der Filder-städter Grünen-Abgeordnete Matthias Gastel und Sabine Leidig von den Linken darüber, dass sich die CDU/CSU gegen eine Aufzeichnung der Debatte ausgesprochen habe. Denn die schmale Besuchertribüne bot bei weitem nicht allen Interessierten Platz. „Das zeigt doch, dass alles, was die Bahn und die Projektbefürworter zum Thema Transparenz sagen, reine Lippenbekenntnisse sind“, sagte Gastel. Den Vorwurf, sich erst zu spät um eine solche Übertragung gekümmert zu haben, konterte Sabine Leidig mit dem Hinweis, das sei nun wirklich nicht Aufgabe der Fraktionen.

Von solchen Scharmützeln abgesehen boten die Einlassungen der von den Parteien aufgebotenen Sachverständigen – neben Arno Luik, Matthias Lieb vom Landesverband Baden-Württemberg des Verkehrsclubs Deutschland, Ullrich Martin, Direktor des Instituts für Eisenbahn- und Verkehrswesen an der Uni Stuttgart, DB-Infrastrukturvorstand Volker Kefer, Manfred Leger und Florian Bitzer, beide von der DB-Projektgesellschaft Stuttgart-Ulm, sowie Klaus-Jürgen Bieger, Brandschutzbeauftragter der Bahn – wenig Neues in der Sache. Kefer trat der Vermutung entgegen, der auf eine Inbetriebnahme im Jahr 2021 ausgelegte Zeitplan sei jetzt schon nicht mehr zu halten. „Das klappt, wenn wir pro Monat in Stuttgart einen Kilometer Tunnel bauen.“ Die bisherigen Vortriebsleistungen lägen noch über dieser Zielvorgabe.

Lückenschluss in Zuffenhausen?

Fast schon etwas wie einen Konsens gab es zwischen Matthias Lieb und Ullrich Martin. Der Verbandsfunktionär bemängelte, dass die Züge zwischen Zuffenhausen und dem Beginn des S-21-Tunnels in Feuerbach die alten Gleise benützen müssten. Martin sah da auch noch Luft nach oben. „Lassen Sie uns gemeinsam auf den Weg in Richtung dieses Zieles machen“, sagte der Verkehrswissenschaftler an Lieb gerichtet.

Vom eher überschaubaren Erkenntnisgewinn wollten sich die Gegner einen Erfolg nicht madig machen lassen. „Das Projekt ist mal wieder auf der nationalen Agenda“, erklärte Werner Sauerborn vom Aktionsbündnis. Eisenhart von Loeper, Sprecher des Zusammenschluss, gab derweil die Marschrichtung für die Zukunft vor. Er forderte eine Diskussion in der Konferenz der Landesverkehrsminister darüber, wie stark S 21 Projekte anderswo kannibalisiere sowie die Offenlegung eines Rechnungshofberichts von 2012, in dem die Projektgegner Hinweise auf nochmals zu erwartende Kostensteigerungen vermuten.