Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel rückt in einem Interview überraschend von der Forderung nach einer Volksabstimmung über Stuttgart 21 ab.

Stuttgart - Zweieinhalb Wochen vor der Landtagswahl in Baden-Württemberg sind sich Bundes- und Landes-SPD beim Umgang mit dem umstrittenen Bahnprojekt Stuttgart 21 nicht einig. Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel rückte in einem Interview der in Ulm erscheinenden „Südwest Presse“ (Donnerstag) von der Forderung nach einer Volksabstimmung über das Milliarden-Bauvorhaben ab. Der Generalsekretär der Südwest-SPD, Peter Friedrich, betonte hingegen, die Genossen im Land stünden weiter hinter dem Volksentscheid.

 

CDU-Generalsekretär Thomas Strobl sagte: „Die SPD macht ihrem Ruf als Schlinger-Partei alle Ehre.“ Gabriel sagte der Zeitung: „Wir müssen aber akzeptieren, dass in Stuttgart viele Menschen S 21 ablehnen. Dann haben wir gesagt, eh man das mit dem Polizeiknüppel durchsetzt, lasst uns in ganz Baden-Württemberg darüber abstimmen. Vielleicht braucht man das jetzt gar nicht mehr.“ Denn der als Schlichter berufene Ex-CDU-Generalsekretär Heiner Geißler habe dafür gesorgt, die Argumente für und gegen den geplanten Tiefbahnhof transparent zu machen.

"Wir sehen das anders"

Dagegen sagte Friedrich der Nachrichtenagentur dpa: „Wir sehen das anders. Wir sehen das so, dass man die Volksabstimmung nach wie vor braucht, weil der Konflikt um Stuttgart 21 nicht gelöst ist.“ Sollten SPD und Grüne nach der Landtagswahl am 27. März gemeinsam die Regierung stellen, werde das Milliarden-Projekt den Baden-Württembergern in einem Volksentscheid zur Abstimmung vorgelegt.

Umwelt- und Verkehrsministerin Tanja Gönner (CDU) sieht in den Äußerungen Gabriels eine längst fällige Kurskorrektur der SPD. „Er hat offenbar erkannt, dass die große Mehrzahl der Bürgerinnen und Bürger im Land den Schlichterspruch als geeignete Grundlage für den weiteren Dialog ansieht.“ Die Südwest-SPD ist seit vielen Jahren für die Umbau des Kopfbahnhofs in Stuttgart in eine unterirdische Durchgangsstation und die Anbindung an die künftige Schnellbahntrasse nach Ulm. Unter dem Eindruck der wochenlangen Massenproteste in der Landeshauptstadt hatte die Spitze der Landes-SPD allerdings ein Plebiszit gefordert, um den Konflikt zu befrieden.