Die Stadt hat im Haushalt wieder fast 600.000 Euro für Stuttgart-21-Werbung bereit gestellt. Bisher hat sie immer nur einen Teil davon abgerufen. Das größte Problem aber: die geförderten Ausstellungen sind teils veraltet und nicht objektiv.

Stuttgart - Beim Werben für ihr Projekt Stuttgart 21 kann die Bahn auf die finanzielle Hilfe der Stadt setzen. Der Gemeinderat hat mit den Stimmen von CDU, SPD, Freien Wählern und FDP für 2014 und 2015 je 574.000 Euro genehmigt – für Ausstellungen im Bahnhofsturm, im Rathausfoyer, im Info-Laden auf der Prag und in einem „Showroom“.

 

Wofür genau diese Mittel verwendet werden, und ob sie möglicherweise zu üppig bemessen sind, darüber wird im Gemeinderat nicht diskutiert. Über die Ausstellung im Bahnhofsturm, die vom Verein Bahnprojekt Stuttgart –Ulm e.V. getragen wird, in dem die Stadt Mitglied ist, wurde unlängst aus einem anderen Grund gestritten: Eine neue Animation zeigte schwarze Fluchttreppenhäuser im weißen Tiefbahnhof. Kontrovers wurde auch ein Sonderzuschuss von 100.000 Euro für die Modernisierung der Ausstellung diskutiert. Dabei wurde festgestellt, dass der Widerstand gegen S 21 kaum Raum bekommt und auch nur aus Sicht der Bahn beschrieben wird. In der Historie sucht man etwa vergeblich das geflügelte Wort vom „Schwarzen Donnerstag“.

Im Rathaus ist seit längerem geplant, die Ausstellung im Foyer vor den Büros von CDU und SPD zu aktualisieren. Allein dafür stünden im Doppelhaushalt rund eine halbe Million Euro zur Verfügung. Der Bereich hat zuletzt Substanz verloren. Aktuell vermittelt er den Eindruck, er würde demontiert. Es fehlt eine Großbildleinwand, die dem Betrachter vor Augen führt, wie es in 20 Jahren hinter dem Bahnhof aussehen könnte. Eines der Geräte, mit denen man in die Zukunft schaut, hat den Geist aufgegeben. Das als Hologramm in den Boden eingelassene Luftbild bildet auch nicht den Status quo ab – der Mittlere Schlossgarten präsentiert sich noch als grüne Lunge.

Die Schlichtung könnte ein Ausstellungsthema sein

Diese Ausstellung sollte aus Sicht von Projektkritikern ein realistisches Bild der problematischen Großbaustelle zeichnen, womöglich mit einer Erinnerung an die Schlichtung, die das Rathaus bundesweit in die Medien gebracht hatte. Es könnten die Kostenexplosion und Verzögerungen thematisiert und die Geschichte des Aktionsbündnisses aufgeschrieben werden. CDU-Fraktionschef Alexander Kotz sagt dazu: „Ich sehe aktuell keine Notwendigkeit, die Ausstellung zu verändern.“ Sollten andere Fraktionen Bedarf haben, müsste die Verwaltung Vorschläge unterbreiten.

Die S-21-Ausstellung sei sehr wichtig, um den Bürgern die Vorteile des Projekts zu verdeutlichen, meint Bernd Klingler. Die FDP sei aber immer der Meinung gewesen, die Ausstellung müsse auf den Schlossplatz. Grünen-Fraktionschef Peter Pätzold erwartet von der Verwaltung einen Vorschlag zur Neugestaltung. Die Bürgerbewegung müsse als „wichtiger Aspekt der Stadtgesellschaft und der Auseinandersetzung mit dem Projekt“ präsentiert werden.

S-21-Verein will seine Bilanz nicht veröffentlichen

Auch am Betrieb des Turmforums beteiligt sich die Stadt mit einem Drittel der Kosten, das sind 300 000 Euro pro Jahr. Wie der Gesamtbetrag verwendet wird, wie hoch etwa die Werbe- und Gestaltungsaufträge dotiert sind, wird nicht verraten. Der Vorsitzende des Vereins Bahnprojekt Stuttgart – Ulm e.V., Wolfgang Dietrich, ist nicht bereit, die Bilanzen zu veröffentlichen. Weder das Vereinsrecht noch die Satzung kenne eine Publizitätspflicht in Bezug auf die Geschäftsunterlagen, teilte er mit. Die Bilanzen würden von Wirtschaftsprüfern begutachtet und den Mitgliedern präsentiert. Möglich sei, dass der Landesrechnungshof prüfe.

Die Stadt ist verpflichtet, über die Verwendung ihrer Vereinsmittel zu informieren. 2012 gab es einen Überhang von 55 000 Euro, am Ende war von 300 000 Euro die Hälfte übrig. Den Überschuss begründet Sprecher Sven Matis damit, dass Ausgaben in 2011 und 2012 „mit Blick auf die anstehende Erneuerung zurückgefahren worden“ seien. Warum die Modernisierung der Ausstellung nicht aus dem Überschuss finanziert wurde, sondern die Stadt 100 000 Euro zusätzlich genehmigte, begründet Matis damit, das zwischen Betrieb und Investition unterschieden werde. Ob der Verein 2013 weniger Geld ausgegeben habe, sei nicht bekannt.

Grüne sehen Rosensteinviertel kritisch

Unter Ex-OB Schuster (CDU) wurde zudem eine Plattform gegründet, in der über den Städtebau im künftigen Rosensteinviertel räsoniert wurde. Die Internetseite gibt es noch, Bürger können Fragen stellen: „Werden echte Bäume gepflanzt oder pflegeleichte Kunstbäume?“ Antwort: „Selbstverständlich echte Bäume.“ Ginge es nach den Grünen, könnte sich die Stadt das Engagement fürs Rosensteinviertel erst einmal sparen. Die Flächen stünden ohnehin frühestens 2025 zur Verfügung, so Fraktionschef Pätzold. Und die Grundstückskosten müssten auch eine Rolle spielen: Sollte nämlich bezahlbarer Wohnraum gewünscht sein, müsste die Stadt auf 400 Millionen Euro aus Verkäufen verzichten.

Viel Geld gibt die Stadt auch für die Bespielung des schlecht beleuchteten „Showrooms“ an der Kriegsbergstraße 30 aus, in dem am Montag ein Mitarbeiter einsam einige Schautafeln bewachte, die nächste Woche entfernt werden sollen. Diese weitgehend unbekannte Einrichtung kostet laut Stadt pro Jahr 27 624 Euro Miete. Es habe dort Ausstellungen von Schülern gegeben und eine Fotoausstellung. Es seien Sprayer-Bilder von Mitgliedern des Jugendrates und Jugendlichen präsentiert worden, und Studenten hätten mögliche Häusertypen entwickelt, betont Matis.

Viel Geld für Werbung – Probleme beim Info-Laden

Zuschuss
Das bei OB Fritz Kuhn angesiedelte Presseamt hat für 2014 und 2015 je 954 000 Euro für Öffentlichkeitsarbeit zur Verfügung; davon sind 575 000 Euro pro Jahr für S 21 reserviert. Davon wiederum sind 300 000 Euro jährlich fürs Turmforum vorgesehen. 2013 waren außer diesem Beitrag 30 000 Euro benötigt worden – bei 650 000 Euro Budget. Dennoch hat der Rat einen ähnlich hohen Betrag genehmigt.

Dauerausstellung
Bereits seit einem Jahr gibt es im „Showroom“ an der Kriegsbergstraße die Ausstellung über den „Stuttgarter Gleisbogen“ des Vereins Info-Laden Stuttgart 21 Auf der Prag. Er war laut Leiter Josef Klegraf einer Bitte der Stadt nachgekommen, den Raum doch bitte zu bespielen.

Info-Laden
Der Verein, der seit Jahren in einem Nebenraum der Martinskirche im Nordbahnhofviertel wertvolle Arbeit leistet und sich mit 16 000 Euro pro Jahr aus Turmforum-Mitteln begnügen muss, hat jetzt die Kündigung wegen Eigenbedarfs erhalten. Der Info-Laden strebt mangels alternativer Räumlichkeiten eine Containerlösung an, allerdings sind bereits drei Grundstücksvorschläge für ungeeignet erachtet worden. Jetzt hofft er auf die Stadt und die Bahn. An finanziellen Mitteln dürfte es nicht mangeln.