Die Bahn will klären, welche Verpflichtungen sich bei Mehrkosten für die Projektpartner ergeben. Das soll am Montag bei der nächsten Sitzung des Lenkungskreises zur Sprache kommen.

Stuttgart - Erst dieser Tage hat die Bahn für 635 Millionen Euro den Auftrag für den Bau der Tunnel am Albaufstieg vergeben, Anfang nächsten Jahres soll für den neuen Tiefbahnhof die Baugrube ausgehoben werden, und auf den Fildern wird derzeit ein neuer Flughafenbahnhof geplant: Stuttgart 21 und die Neubaustrecke nach Ulm nehmen immer konkretere Formen an - gleichzeitig scheinen sich die Projektpartner aber immer weiter voneinander zu entfernen. Der größte Graben klafft dabei zwischen Teilen der Landesregierung und der Bahn, die beide nicht mit harscher Kritik aneinander sparen.

 

Oberster Kritiker im Land ist Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne), der der Bahn unter anderem eine „miserable Informationspolitik“ vorwirft. Jüngster Anlass dafür war die Expertise der Schweizer Gutachterfirma Gruner, die das Brandschutzkonzept der Bahn für den Tiefbahnhof und die Anschlusstunnel als „nicht funktions- und genehmigungsfähig“ beurteilt hatte. Hermann hatte nach eigenen Angaben davon aus der Zeitung erfahren. Das sei ein Unding, die Bahn habe ihr nach der Volksabstimmung gegebenes Versprechen, künftig umfassend und rechtzeitig zu informieren, nicht gehalten.

Bahn will Förderpflicht einfordern

Im Gegenzug klagt die Bahn inzwischen auch öffentlich darüber, dass sie sich durch die Projektpartner mehr blockiert als unterstützt sieht. Er wolle nicht verhehlen, betont etwa der Bahn-Technikvorstand Volker Kefer, „dass wir uns von der konstruktiv-kritischen Haltung der Landesregierung mehr Unterstützung für das Projekt versprochen haben, als wir es seit dem Volksentscheid erleben“. Die Bahn könne nicht erkennen, wo das Projekt tatsächlich gefördert werde. Neben fachlichen Fragen, die am Montag geklärt werden müssen, will die Bahn vor allem auch diesen Punkt anbringen und die Förderpflicht der Partner einfordern. Die Hinhaltetaktik des Landes, so heißt es in Bahnkreisen, mache das Projekt nur teurer und verlängere die Bauzeit.

Auf zwei Stunden ist das Treffen am Stuttgarter Flughafen angesetzt worden, was angesichts des Konfliktpotenzials und der Fülle an wichtigen Themen eher knapp kalkuliert sein dürfte. Unter anderem sollen am Montag auch die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie präsentiert werden, was die technische Umsetzung und die Kosten der sogenannten Antragstrasse Plus auf den Fildern betrifft. Auch dabei fühlen sich die Projektpartner nicht ausreichend informiert. „Wir kennen bis heute keine Zahlen“, sagt Markus Vogt, der Sprecher der Landeshauptstadt.

Wer bezahlt für den umgeplanten Flughafenbahnhof?

Bis zu 150 Millionen Euro mehr könnte der geänderte Flughafenbahnhof kosten – wer dafür aufkommen soll, ist einer der großen Streitpunkte. Die Bahn besteht auf einer separaten Vereinbarung für die Finanzierung dieser Kosten. Ansonsten würde der Finanzierungsrahmen für das Projekt gesprengt werden, sagt Kefer. Sprich: die vereinbarte Obergrenze von 4,5 Milliarden Euro wäre überschritten. Nach Ansicht der Bahn haben die Vertragspartner für diesen Fall die Sprechklausel im Vertrag vereinbart, über deren juristische Auslegung nun ebenfalls diskutiert werden soll.

Wörtlich heißt es in Paragraf acht, Absatz vier: „Im Falle weiterer Kostensteigerungen nehmen die Eisenbahnunternehmen (EUI) und das Land Gespräche auf.“ Die Anwälte der Bahn leiten aus diesem Zusatz in der Finanzierungsvereinbarung ab, dass bei Mehrkosten über deren Verteilung zwischen den Partnern verhandelt werden kann. Die Projektpartner wiederum wollen sich dieser Interpretation nicht anschließen und verweisen auf ihren limitierten Projektanteil. „Sprechen heißt nicht zahlen“, sagt Edgar Neumann vom Verkehrsministerium des Landes.

Auch Kosten aus der Schlichtung sind noch offen

Sollte es zu keiner Einigung zwischen den Partnern kommen, wovon trotz erster Sondierungsgespräche zwischen Bahnspitze und Staatsministerium auszugehen ist, will die Bahn besagten Paragrafen juristisch prüfen lassen. Es sei zwingend erforderlich zu klären, so Kefer, „welche konkreten Verpflichtungen sich für die Projektpartner daraus ergeben“. Finanziert werden müssen derweil nicht nur die Mehrkosten, die der Filderbahnhof verursacht. Auch jene geschätzten 80 Millionen Euro, die sich als Folge der Schlichtung für Nachbesserungen ergeben könnten, sind nach wie vor ein offener Posten. Auch in diesem Fall will die Bahn eine neue Finanzierungsvereinbarung, was die Projektpartner aber einmütig ablehnen.