Der Bundesrechnungshof wirft der Bahn vor, die Überprüfung des Milliardenprojekts Stuttgart 21 zu erschweren. Erste belastbare Ergebnisse zur Kostensteigerung liegen frühestens am Jahresende vor, sagt der Rechnungshof-Präsident. Die Grünen verlangen die Offenlegung des Prüfberichts.

Korrespondenten: Thomas Wüpper (wüp)

Stuttgart - Der Bundesrechnungshof wirft der Deutschen Bahn vor, die Überprüfung des Milliardenprojekts Stuttgart 21 zu erschweren. Mit dem Staatskonzern gebe es „bedauerlicherweise immer wieder schwierige Diskussionen über die Reichweite der Prüfungsbefugnisse“, heißt es in einem Schreiben des Präsidenten des Rechnungshofs, Dieter Engels, an den grünen Bundestagsabgeordneten Harald Ebner, das der Stuttgarter Zeitung vorliegt. Die Kooperationsbereitschaft der Bahn und des Bundesverkehrsministeriums sei aber „wesentliche Voraussetzung“ dafür, dass bis Ende des Jahres erste belastbare Ergebnisse der Prüfungen vorlägen.

 

Der Bundesrechnungshof prüft seit Jahresbeginn, wie sich der Bund als Eigentümer der Bahn bei Stuttgart 21 verhalten hat. Den von den Grünen gehegten Verdacht, dass auch politischer Druck der Bundesregierung einen schnelleren Abschluss der Prüfungen und damit Ergebnisse vor der Bundestagswahl verhindert habe, weist Engels in seinem Schreiben zurück. „Keinesfalls steht unsere Zeitplanung im Zusammenhang mit der diesjährigen Bundestagswahl“. Eine Sprecherin der Bonner Behörde ergänzte auf Anfrage, der Abschluss der Prüfungen sei weiter offen.

Laut Engels führen die Prüfer „komplexe Untersuchungen mit differenzierten Schwerpunkten durch“. Ein Teil der Informationen müsse noch von den geprüften Stellen beschafft werden. Zudem würden die Zwischenergebnisse mit dem Verkehrsministerium erörtert. Man hoffe, dass die Bahn „noch offene Fragen zügig und umfassend beantwortet“. Erst wenn der Abschlussbericht vorliege, entscheide der Rechnungshof, ob und wie das Parlament unterrichtet werde.

Grüne: Bahn nicht sonderlich kooperativ

Die Grünen kritisieren diese Haltung und verlangen „umfassende Aufklärung“ des Parlaments und der Öffentlichkeit über die Prüfergebnisse. Bei Stuttgart 21 gehe es nicht um das aus dem Ruder gelaufene Großprojekt eines privaten Konzerns, sondern um viele Milliarden Euro Steuermittel, sagte der Bundestagsabgeordnete. Es verwundere zudem sehr, dass ein Unternehmen wie die Deutsche Bahn, das vollständig in Bundesbesitz sei, sich den unabhängigen Prüfern gegenüber „nicht sonderlich kooperativ verhalte“.

Für Ebner zeigen sich bei Stuttgart  21 besonders deutlich die Kontrolldefizite bei der Bahn und die Konstruktionsfehler der Bahnreform. So kann die Bahn als Aktiengesellschaft bei vielen internen Daten und Dokumenten auf Geheimhaltung dringen, obwohl der Konzern selbst in öffentlicher Hand ist und wie die Großprojekte zu weiten Teilen vom Steuerzahler finanziert wird. Eine Kontrolle wird so erschwert oder unmöglich. Bereits bei der geplanten Bahnprivatisierung beklagten viele Parlamentarier und Experten diesen Widerspruch. Ein Streitpunkt ist zum Beispiel die Herausgabe von Protokollen und Unterlagen des Aufsichtsrats.