Sechs Stuttgart-21-Gegner, die im März 2012 ein Transparent auf dem Dach des Südflügels entrollt haben, müssen sich vor dem Amtsgericht Stuttgart dafür verantworten.

Stuttgart - „Alles zerstört, nichts gewonnen: Total versagt, Ramsauer & Co.“ Ein Transparent mit dieser Aufschrift hatten elf Parkschützer am 12. März vergangenen Jahres vom Dach des damals halb abgerissenen Südflügels entrollt – sechs der Aktivisten müssen sich seit Montag vor dem Amtsgericht Stuttgart für die Aktion verantworten. Sie waren von der Abbruchfirma wegen Hausfriedensbruchs verklagt worden, hatten gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts aber Einspruch eingelegt.

 

Fast alle Angeklagten, darunter fünf Frauen, hielten zum Auftakt der Hauptverhandlung eine Grundsatzrede zum Thema S 21 und ihrer Sicht auf das Bahnprojekt, bei dem es „um Macht und Geld geht“, das „einen Rückbau der Infrastruktur“ darstellt, „die City zerstört“, „keinen Nutzen für die Öffentlichkeit hat“ und „eine Geldverschwendung ist“. Es sei ihre Pflicht gewesen, so eine der Angeklagten, die Öffentlichkeit auf die Vorgänge hinzuweisen. „Das war kein Hausfriedensbruch, sondern eine politische Meinungsäußerung.“

Anwalt hält Teile der Staatsanwaltschaft für befangen

Anlass für die Aktion sei eine Pressekonferenz der Parkschützer und des Internetportals Wikireal zur gleichen Zeit im Rathaus gewesen, „auf die wir aufmerksam machen wollten“, so eine Angeklagte. Der Wikireal-Gründer Christoph Engelhardt, der auf besagter Pressekonferenz Zweifel an der Leistungsfähigkeit des neuen Tiefbahnhofs und der Aussagekraft des Stresstests erhoben hatte, distanzierte sich allerdings von der Aktion. So etwas sei kontraproduktiv, wenn man zeitgleich „um wissenschaftliche Aufklärung bemüht sei“, so Engelhardt damals.

Außer der Frage, ob die Aktion als Hausbesetzung oder politische Versammlung zu werten ist, wird den Amtsrichter in der auf vier Tage angesetzten Verhandlung noch ein anderes Thema beschäftigen: Einer der Anwälte hat angekündigt, einen Hilfsantrag zu stellen, in dem es um „schwerwiegende Verfahrensfehler und die Befangenheit der Abteilung 1 der Staatsanwaltschaft Stuttgart bei Stuttgart 21“ geht. Oberstaatsanwalt Bernhard Häußler, zwischenzeitlich im Ruhestand, habe nicht unvoreingenommen agiert und die Linie der Abteilung geprägt. Er werde ihn deshalb als Zeugen benennen, so der Jurist. Die Verhandlung wird am 11. November fortgesetzt.