Einst gehörte der Rathausvorplatz den Autos. Straßencafés gab es auch damals hier nicht. Als zentraler Ort könnte der Marktplatz der beliebteste Treff der Stadt sein. Doch die heutige Gestaltung wird von den Stuttgartern wenig geliebt.

Stadtleben/Stadtkultur: Uwe Bogen (ubo)

Stuttgart - Die Sehnsucht nach der alten Pracht ist groß. Im Internetforum unseres Stuttgart-Albums haben die historischen Fotos des Marktplatzes heftige Reaktionen ausgelöst. Stattliche Fachwerkhäuser mit hohen Giebeln bildeten einst den bürgerlichen Mittelpunkt einer stolzen Stadt. Und heute? Der Vergleich fällt, wie Facebook-Kommentator Thomas Horn findet, ernüchternd aus. „Es ist sehr traurig“, schreibt er, „aber Stuttgart hat heute den hässlichsten Marktplatz in ganz Deutschland.“

 

Das Schreibwarengeschäft ist nur noch Geschichte

1833 ist auf dem Marktplatz, dessen Ursprünge auf das Jahr 1304 zurückgehen, das Spielwarenfachgeschäft Kurtz eröffnet worden. Heute befindet sich der Eingang zum verkleinerten Traditionsgeschäft an der Sporerstraße. Nespresso hat die Pole-Position am Markt übernommen. Auch Haufler hat über viele Jahrzehnte das Bild im Zentrum geprägt. Das Schreibwarengeschäft ist nur noch Geschichte. Im Januar 2015 ist es nach über 120 Jahren für immer geschlossen worden. Der für April geplante Einzug der Buchhandlung Osiander hat sich verzögert. Vor Juni dürfte nichts daraus werden. Der Wunsch vieler, dass Osiander ein Freiluft-Café eröffnet, scheint sich nicht zu erfüllen,. Und auch Breuninger auf der anderen Seite hat derartige Pläne auf Eis gelegt und konzentriert sich umso mehr auf die neue Sansibar, die Mitte Mai mit Außengastronomie in Richtung Dorotheen-Quartier startet.

1956 ist das neue Rathaus eröffnet worden

War früher alles besser? Auf den historischen Marktplatz-Fotos ist zu erkennen, dass es damals auch keine Straßencafés gab. Alexander Michael Horlacher kennt den Grund dafür: „Cafés waren in der Regel im ersten Stock – damit man nicht gesehen wurde beim ,nix schaffa‘.“ Beim Autofahren ließen sich die Menschen schon lieber sehen. Der Marktplatz war ein Parkplatz.

Im Vergleich zu früher, so wird im Facebook-Forum des Stuttgart-Albums bedauert, ist nach dem Krieg „wenig emotional“ gebaut worden. Von „Schlichtheit“ sei die Architektur im Herzen der City geprägt, wo die Entscheidungen im 1956 eröffneten Rathaus getroffen werden, so ist zu lesen.

Wie wird der Marktplatz doch noch zur „Wohnstube der Stadt“, zum Ort, an dem man sich gern aufhält? Eine Idee wird immer wieder genannt: Der alte Rathausturm, der noch „rudimentär“ unter der Verkleidung des neuen Rathauses vorhanden ist, sollte freigelegt und originalgetreu restauriert werden, meinen etliche unserer Leser.