Stuttgart wird bei Gästen aus dem Ausland als Urlaubsziel immer beliebter – sagen die Statistiken der Touristiker. Aber wo sind die Besucher in der Stadt zu finden und was führt sie dort hin? Eine Spurensuche.

Stuttgart - Der Gedanke, dass die eigene Stadt das Ziel von Touristen sein könnte, kommt einem nur selten. Steigende Übernachtungszahlen zeigen jedoch, dass Stuttgart als Urlaubsziel tatsächlich gefragt ist. Doch was zieht Touristen an? Wir haben uns in der Innenstadt umgehört.

 

Mit einem kurzen Ausflug in die Landeshauptstadt geben sich Kurt Williams und Molly Breaux nicht zufrieden: zusammen mit ihrer Tochter Sidney sind die Amerikaner schon im April in Stuttgart angekommen, erst im August geht es wieder in die Heimat nach Texas. Die beiden haben sich ein Haus in der Nähe von Böblingen gemietet und genießen seither den Sommer im Südwesten. „Bei uns Zuhause ist es zu dieser Jahreszeit viel zu heiß“, sagt Kurt Williams. Der 26-Jährige war vor einigen Jahren schon einmal in der Stadt – um den Weihnachtsmarkt zu besuchen. „Der ist wirklich sehr schön“, sagt er. Und nicht nur der, deshalb sind die beiden nun für mehrere Monate in Stuttgart.

Zentrale Lage zwischen München, Berlin und Paris

„Es ist so eine schöne Stadt“, sagt Molly Breaux, die zum ersten Mal hier ist. Das einzige, was sie manchmal vermisse sei die amerikanische Hilfsbereitschaft: „Hier sind alle immer sehr in Eile. Wenn ich mal Hilfe mit dem Kinderwagen brauche, dauert es oft lange, bis jemand stehen bleibt und anpackt.“ Am liebsten ist die junge Familie am Schlossplatz. „Dort ruhen wir uns aus und Sidney kann im Brunnen planschen“, sagt Molly Breaux. Kurt Williams lobt die Lage der Stadt: „Stuttgart ist zentral, von hier aus kommt man überall hin: nach München, Berlin oder nach Paris.“Die belgische Reisegruppe, die am Samstag vor dem Porschemuseum steht, ist hingegen nur zwei Tage in Stuttgart. Vor zwei Jahren auf dem Weg nach Italien standen sie in Zuffenhausen noch vor verschlossenen Türen. Diesmal haben sich die Cousins Gino und Stefaan de Vos, ihre Familien und Freunde besser informiert. In diesem Jahr ist die Gruppe in Stuttgart auf der Durchreise nach Kroatien.

Sportwagen für die Herren, Shoppingtüten für die Damen

Am Freitag seien sie angekommen, erzählen sie gut gelaunt vor dem Sportwagenmuseum. Viel von der Stadt hätten sie aber noch nicht gesehen: das Wetter war schlecht und außerdem gehe es ihnen vor allem um die Autos. Stefaan de Vos besitzt einen Porsche 911, Baujahr 1980. Nach Porsche steht am Sonntag noch ein Besuch im Mercedes-Benz Museum an, sagt er. Die Damen in der Runde haben derweil noch andere Pläne: „Die Geschäfte haben hier nur samstags geöffnet, oder?“ fragt Heidi Van Vaerenbergh in der Hoffnung an diesem Tag noch zum Shoppen an die Königstraße zu kommen. Und wenn noch Zeit bleibt? „Wir haben ein Plakat gesehen mit einem großen Brunnen und einem Schloss im Hintergrund“, sagt Stefaan de Vos.

Dort stehen an diesem Samstagmorgen drei junge Menschen aus Kairo, schießen Selbstporträts mit ihren Handys vor dem Neuen Schloss und studieren den Stadtplan von Stuttgart. „Ich habe mich vor meiner Reise schon ein bisschen informiert, was ich sehen möchte“, sagt der 21-jährige Ägypter Karim Mouhir. Er wird bald seine Bachelorarbeit in Stuttgart bei Bosch schreiben. Mit zwei Freundinnen besichtigt er deshalb vorab schon einmal die Stadt. Er kenne und möge Deutschland, sagt er, „nur nicht das Wetter!“ Ihre Sightseeingtour führte bislang vom Fernsehturm zur Staatsgalerie – wenn noch Zeit bleibt, besuchen sie das Planetarium. „Und wir möchten auf jeden Fall etwas traditionell Schwäbisches essen“, sagt eine seiner Begleiterinnen, Seham Al-Sayed.

Begeisterung für Schulgebäude

Am Samstag ist zudem eine Gruppe Jugendlicher aus China in der Innenstadt unterwegs, auf einer Führung von Stuttgart Marketing. Zwei Wochen sind die Schüler mit ihrer Lehrerin in Deutschland unterwegs – in München waren sie schon. Von Deutschland kennen sie bisher nicht viel: „Nur die Fußballteams“, meint der 17-jährige Bryant. Den VfB Stuttgart ist ihm bekannt, außerdem der FC Bayern München und Borussia Dortmund. Vor ihrer Innenstadtführung haben sie das Mercedes-Benz-Museum besucht – die Mädchen in der Gruppe waren davon allerdings weniger begeistert. Bis auf die 18-jährige Vita: „Ich fand die Autos spannend.“ Stuttgart selbst gefällt allen Jugendlichen. „Ich mag die Geschichte der Stadt und die historischen Gebäude“, sagt Bryant. „Es ist so friedlich“, meint die 16-jährige Jennie. „Stuttgart ist eine Großstadt, und es sind viele Menschen unterwegs, aber es ist nicht zu laut.“ Der 13-jährigen Hugo hat es ein Ort ganz besonders angetan: „Vorhin sind wir am Königin-Katharina-Stift vorbeigefahren. Das Schulgebäude sieht ein bisschen aus wie ein Schloss.“ Ihr gefällt das so gut, dass sie vielleicht einmal als Austauschschülerin zurückkommen möchte. „Das wäre toll – dann könnte ich auch aufs Königin-Katharina-Stift gehen“ Die Mischung aus Geschichte und Moderne gefällt ihr am besten in Stuttgart.