Nach Räumungsklagen und einem neuen Gutachten: Die Abriss-Pläne des Bau- und Wohnungsvereins an der Beethovenstraße sind auch im Bezirksbeirat diskutiert worden. Nun möchten die Lokalpolitiker mit den Vereins-Verantwortlichen über den aktuellen Stand des Projekts sprechen.

Stuttgart-Botnang - Mit dem geplanten Abriss der Gebäude Beethovenstraße 60 bis 70 hat sich mittlerweile nicht nur das Amtsgericht Stuttgart, sondern es haben sich auch die Botnanger Bezirksbeiräte damit beschäftigt. In ihrer jüngsten Sitzung diskutierten die Lokalpolitiker über einen Antrag der Fraktionsgemeinschaft SÖS-Linke-Plus. Berenike Cri Aspasia Caprice Kamm und Dirk Hoeber hatten beantragt, dass sich das Gremium gegen den Abriss der Gebäude aussprechen soll. Eine Sanierung sei ausreichend, „da die Bausubstanz nicht mangelhaft ist, wie das Gutachten eines Architekten festgestellt hat“, wie es in dem Antrag heißt. Bezahlbarer Wohnraum für niedrige und mittlere Einkommen solle erhalten bleiben. „Durch den Abriss und Neubau der Gebäude wird sich der Mietpreis nahezu verdoppeln.“

 

Zudem forderte SÖS-Linke-Plus, dass die Stadt die Baugenehmigung für das Projekt zurückziehen soll. Vor allem mit diesem Passus hatten die anderen Bezirksbeiräte ihre Schwierigkeiten. Deshalb stellte die CDU-Fraktion schon vor der Diskussion einen Antrag zur Geschäftsordnung. „Über den Antrag von SÖS-Linke-Plus soll nicht abgestimmt werden“, sagte Christdemokrat Michael Schneider. Zu fordern, die Baugenehmigung zurückzunehmen, stelle einen Rechtsbruch dar. „Das Gremium kann sich nicht anmaßen, das Recht in Frage zu stellen“, ergänzte Bezirksvorsteher Wolfgang Stierle. Dirk Hoeber lenkte ein und strich den Absatz aus dem Antrag. Über die Abriss- und Neubaupläne des Bau- und Wohnungsvereins an der Beethovenstraße wollte er aber dennoch sprechen – die Mehrheit der Bezirksbeiräte auch. Bei einer Enthaltung wurde daraufhin der CDU-Antrag mit 6:5-Stimmen erst einmal abgelehnt. „Wir wollen uns aber sicherlich nicht der inhaltlichen Diskussion verschließen“, erklärte Michael Schneider, warum er den Antrag aufrecht erhalten hatte. „Aber mit diesen Informationen können wir nicht abstimmen. Wir sollten in einer der nächsten Sitzungen erst einmal beide Seiten hören.“ Also auch den Bau- und Wohnungsverein, der auf Nachfrage unserer Zeitung schon signalisiert hat, die Einladung des Gremiums anzunehmen. „Soweit der Bezirksbeirat sich über den aktuellen Sachstand zu unserem Projekt aus erster Hand informieren möchte, werden wir diesem Wunsch selbstverständlich gerne nachkommen“, sagte Jürgen Oelschläger vom Bau- und Wohnungsverein.

Bau- und Wohnungsverein legt Berufung ein

Das werden die Lokalpolitiker sicherlich gerne hören, denn „der Verein ist uns keine Rechenschaft schuldig. Ihm kann egal sein, was wir hier beschließen“, sagte Jens Keller (Grüne). Oelschläger stellte gegenüber unserer Zeitung aber auch gleich klar, wohin die Reise geht: „Die Entscheidung, die derzeitigen Gebäude zu erhalten und zukunftsfähig grundlegend zu sanieren oder die Gebäude abzureißen und das Grundstück neu zu bebauen, hat auf die bisherigen und die bestehenden Mietverhältnisse keine Auswirkung. Ob Modernisierung oder Abriss: Beides bedeutet eine Entmietung der Häuser.“ Für 46 von 48 Mietparteien seien sozialverträgliche und partnerschaftliche Lösungen gefunden worden. „Leider konnten wir trotz intensiver Anstrengung in den beiden verbliebenen Fällen bislang keine außergerichtliche Einigung erzielen. Sofern sich hier keine gemeinsame Lösung mit den Mietern abzeichnet, ist der weitere Weg über die Gerichte bedauerlicherweise unvermeidbar“, sagte Oelschläger.

Der Bau- und Wohnungsverein hatte gegen die beiden verbliebenen Mietparteien eine Räumungsklage eingereicht, nachdem sie nicht freiwillig ausziehen wollten. Das Amtsgericht Stuttgart hat allerdings zwischenzeitlich die ausgesprochenen Kündigungen des Bau- und Wohnungsvereins als unwirksam erklärt (wir berichteten). Gegen dieses Urteil hat der Verein Berufung eingelegt.

Der Bezirksbeirat stimmte am Ende übrigens dann doch noch einstimmig dafür, den Antrag von SÖS-Linke-Plus zu vertagen – bis auch der Bau- und Wohnungsverein zur Thematik gehört wurde.