Der Kommunale Versorgungsverband Baden-Württemberg (KVBW) hat dutzende Wohnungen an der Offenbachstraße verkauft. Der Mieterverein Stuttgart kritisiert das Vorgehen der KVBW. Bewohner fürchten nun steigende Mieten.

Botnang - Bereits Mitte des vergangenen Jahres bekamen die Mieter der Terrassenhäuser an der Offenbachstraße, die ganz in der Nähe der Stadtbahnhaltestelle Millöckerstraße liegen, Post von der Zusatzversorgungskasse des Kommunalen Versorgungsverbandes Baden-Württemberg (KVBW). „Wir möchten sie im Vorfeld darüber informieren, dass wir aktuell planen, unsere Immobilien in der Offenbachstraße 16–20 und Offenbachstraße 15 -17 in Stuttgart zu verkaufen“, stand in dem Brief zu lesen. Seit Anfang der 1970er Jahre befanden sich die Wohnungen, die größtenteils an Beamte und kommunal Beschäftigte vermietet sind, im Besitz der KVBW.

 

Als Bestandshalter von Immobilien sei man seitens des KVBW bestrebt gewesen, das Botnanger Objekt zu halten. Vor diesem Hintergrund habe der KVBW einen Architekten beauftragt, die Gebäude an der Offenbachstraße genauer in Augenschein zu nehmen und die Kosten für zukünftige Instandhaltungsmaßnahmen zu kalkulieren, sagt der stellvertretende KVBW-Direktor Dietmar Bank. Das Ergebnis war, dass an verschiedenen Stellen und Bereichen der Gebäudekomplexe im Laihle Sanierungsbedarf besteht: „An dem Objekt sind erhebliche Sanierungsmaßnahmen durchzuführen“, sagt Bank. So seien beispielsweise die Wasser- und Stromleitungen fast 50 Jahre alt. Auch die Flachdächer seien aufgrund des Alters ein Thema, betont der stellvertretende Direktor des KVBW. Letztendlich habe man sich nach eingehender Prüfung entschlossen, sich von dieser Immobilie zu trennen und ein entsprechendes Verfahren nach dem gültigen Vergaberecht über einen Makler eingeleitet.

Mieter wurden im Vorfeld über die Verkaufsabsichten informiert

„Wir haben die Mieter schon im Vorfeld über unsere Absichten informiert und mehrfach angeschrieben“, sagt Bank. Gleichzeitig sei den Mietern im Vorfeld mitgeteilt worden, dass auch dann, wenn der KVBW nicht mehr ihr Vermieter sein werde, ihr Mietverhältnis bestehen bleibe: „Denn es gilt der Gesetzesgrundsatz: Kauf bricht Miete nicht“, sagt Bank auf Nachfrage der Nord-Rundschau. Weitere Schreiben der KVBW folgten Ende des Jahres 2016, in denen der Verband den Mietern schließlich mitteilte, dass die Liegenschaft zum Jahresbeginn 2017 an einen neuen Eigentümer übergehe: Käufer und neuer Vermieter ist seit dem 1. Januar die Liegenschaft Consulting GmbH (LC).

„Dieses Investment sehen wir als weiteren Schritt, unsere Marktposition konsequent auszubauen“, äußert sich Dietmar, Poppe, Gründer und Geschäftsführer von LC. Nun gelte es, die Wohnungen, die größtenteils an Beamte vermietet sind, „am Kapitalmarkt zu platzieren“ – sprich: sie weiterzuverkaufen. Erste Ansprechpartner seien die aktuellen Mieter, denen zeitnah Kaufangebote unterbreitet werden sollen. Erst wenn sich ein Mieter gegen den Erwerb entscheide, sollen laut Poppe Kapitalanleger zum Zug kommen. Aber auch in diesem Fall sollen die Mieter in den Wohnungen bleiben können.

Zu welchem Preis die Wohnungen im Laihle den Besitzer gewechselt haben, darüber bewahren die Vertragspartner Stillschweigen. Das Objekt mit einer Gesamtwohnfläche von knapp 6000 Quadratmeter setzt sich aus 19 Terrassenhäuser und 64 Wohnungen zusammen. Im Dachgeschoss liegen sechs Penthäuser. Die 83 Wohneinheiten sind zwischen 28 und 138 Quadratmeter groß. Laut Liegenschaft Consulting belaufe sich der Verkehrswert der Anlage auf 22 Millionen Euro. Die Mieter treibt indes vor allem eine Sorge um: „Sollten die Wohnungen entsprechend teuer verkauft werden, werden sicherlich auch die Mieten steigen“, sagt eine Bewohnerin, die ungenannt bleiben möchte.

Der Mieterverein befürchtet, dass jetzige Mieter aus den Wohnungen verdrängt werden

Rolf Gaßmann, Vorsitzender des Mietervereins, befürchtet, dass die Mieter sich kaum gegen Luxusmodernisierungen zur Wehr setzen können: „Die langjährigen Mieter haben nun berechtigte Angst, ob sie sich zukünftig die Wohnungen noch leisten können, beziehungsweise durch Eigenbedarfskündigungen verdrängt werden“, sagt Gaßmann. Er sei entsetzt darüber, dass in Stuttgart vermietete Wohnungen der Zusatzversorgungskasse aus öffentlicher Hand an eine stadtbekannte Umwandlungsfirma verkauft worden seien. Schließlich sei der Komunale Versorgungsverband nicht irgendein Vermarkter von Wohnungen, sondern eine Körperschaft des öffentlichen Rechts.

Rolf Gaßmann hat sich deshalb am Dienstag vergangener Woche in einem entsprechendes Protestbrief an den Baden-Württembergischen Gemeindetag gewandt. Adressiert war der Brief an Roger Kehle. Der Präsident des baden-württembergischen Gemeindetags ist auch Vorsitzender des Verwaltungsrates des KVBW. Bisher habe er auf das Schreiben keine Antwort erhalten, so Gaßmann.

Dietrich Bank von der KVBW-Geschäftsführung erklärt, dass eines der Hauptziele einer Zusatzversorgungskasse eines kommunalen Versorgungsverbandes wie der KVBW zuvorderst darin bestehe, mittels Kapitalanlagen die Altersversorgung der Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst sicherzustellen: „Das ist unsere Hauptaufgabe“, sagt Bank.