Der frühere Regierungspräsident Johannes Schmalzl ist zum neuen Chef der Stuttgarter Industrie- und Handelskammer bestimmt worden. Doch die Kritik an ihm reißt nicht ab.

Stuttgart - Chefwechsel bei der Industrie- und Handelskammer Stuttgart: Der frühere Regierungspräsident Johannes Schmalzl ist zum Hauptgeschäftsführer der einflussreichen Interessenorganisation bestellt worden. Auf der Vollversammlung der IHK bekam der 52-Jährige eine Mehrheit von 46 Ja-Stimmen gegenüber 30 Nein-Stimmen und 2 Enthaltungen, wie die IHK am Mittwoch mitteilte. Das war für Abstimmungen in dieser Organisation relativ knapp. Er freue sich auf „eine reizvolle Aufgabe, eine der besten und größten Kammern Deutschlands gemeinsam mit der IHK-Präsidentin Marjoke Breuning in die Zukunft zu führen“, sagte Schmalzl nach dem Votum.

 

Gegen Schmalzl hatte es Kritik von einer Gruppe von Unternehmern gegeben, die den Spitzenbeamten auch wegen mangelnder Erfahrung in der freien Wirtschaft für den falschen Mann halten.

Schmalzl kam erst im zweiten Anlauf auf den Chefposten. Einen ersten Versuch hatte er bei einer Sitzung im April unternommen, bei der seine Gegner aber einer Abstimmung fernblieben. Dadurch kam es zur Beschlussunfähigkeit - mindestens die Hälfte der 100 Mitglieder der IHK-Vollversammlung muss normalerweise an so einem Votum teilnehmen.

Pikanterweise wäre auch diesmal das Ergebnis nicht gültig gewesen, hätten die Gegner den Saal wie im April verlassen. Allerdings wäre dann noch am selben Tag ein drittes Votum möglich gewesen, wo die Mindestpräsenz weggefallen wäre.

Kritik am neuen Chef

Die Gruppe der Kritiker nennt sich Kaktus-Initiative. Sie ist gegen die Pflichtmitgliedschaft von Firmen bei der IHK. Zudem monierte diese Gruppe mangelnde Transparenz bei der Vergabe des Chefpostens an Schmalzl, der in der Vollversammlung ohne Gegenkandidaten antrat. Ursprünglich soll es 200 Bewerber gegeben haben. Clemens Morlock von der Kaktus-Initiative bemängelte, dass Schmalzl bisher nur „eine reine Beamtenlaufbahn“ hinter sich habe. „Als Regierungspräsident hat er eher regulierend auf die Unternehmen eingewirkt, er selbst war nicht kreativ-unternehmerisch tätig.“

Schmalzl ist derzeit noch als Spitzenbeamter im Bundesfinanzministerium tätig. Als Ministerialdirektor ist er verantwortlich für die Verwaltung von Bundesbeteiligungen an Firmen mit mehr als einer Million Beschäftigten. Daher sitzt er in verschiedenen Aufsichtsräten, etwa bei der Post, bei der Telekom und bei der Bahn. „Ich bin sehr wirtschaftsnah unterwegs“, sagte er.

Schmalz war von 2008 bis 2016 Regierungspräsident von Stuttgart und damit der oberste Verwaltungsbeamte im Bezirk Stuttgart. Zuvor war er unter anderem Baden-Württembergs Verfassungsschutzpräsident.

Die IHK Stuttgart gehört zu den größten und einflussreichsten IHK in Deutschland, 30 Prozent der Wirtschaftsleistung von Baden-Württemberg entfallen auf ihre 160 000 Mitgliedsfirmen. Die Kammer hat 482 Mitarbeiter. Ehrenamtliche Präsidentin ist Marjoke Breuning, die Inhaberin eines Bekleidungsgeschäfts.