Die Altlastensanierung auf dem Schoch-Areal hat schon für einige Überraschungen gesorgt. Es musste teilweise noch tiefer gegraben werden, um die extrem hohe Kontamination zu entfernen.

Stuttgart-Feuerbach - Ein Mann im blauen Schutzanzug steht in einem Container auf dem ehemaligen Schoch-Areal. Er trägt Handschuhe und untersucht gerade verschiedene Bodenproben. Die Chance, dass er Chromat oder sogenannte leichtflüchtige chlorierte Kohlenwasserstoffe (LCKW) in der Erde findet, ist sehr groß. Seit Ende des vergangenen Jahres wird der stark kontaminierte Boden auf dem etwa 1,4 Hektar großen Grundstück ausgehoben und entsorgt. „Dabei gab es schon ein paar Überraschungen – trotz guter Vorarbeit durch das Amt für Umweltschutz“, sagt Natalie Cabitza vom Tiefbauamt.

 

Am vergangenen Mittwoch war die Diplom-Geologin in der Feuerbacher Bürgeretage zu Gast. Der Verein Altlastenforum Baden-Württemberg hatte eingeladen, um die interessierten Bürger über den aktuellen Stand der Altlastensanierung auf dem ehemaligen Schoch-Areal zu informieren. „Vor etwa einem Jahr fand hier schon einmal eine Veranstaltung statt. Da war der Rückbau der Gebäude gerade in vollem Gang“, sagte Cabitza. Alle Hallen und Häuser mussten weg – auch der stadtbildprägende Schornstein der Firma Schoch.

1925 hatten die Gebrüder Schoch auf einem Areal zwischen Kremser, Dornbirner Straße und dem Feuerbacher Bahnhof einen Galvanisierungsbetrieb gegründet. Zwölf große Becken mit einem Volumen von bis zu 150 000 Liter wurden zur Hartverchromung genutzt. „Sie waren teilweise bis zu vier Meter in den Untergrund eingebunden“, sagte Cabitza. „Leider ist man hier nicht so sorgsam mit der Chromsäure umgegangen.“ Ehemalige Mitarbeiter hätten bei diesem Thema sogar von Havarien gesprochen. Einige Teilnehmer nannten es am Mittwoch in der Bürgeretage „eine riesige Sauerei“.

Bis zu 15,7 Meter ist man ins Erdreich vorgedrungen

Im Jahr 1975 habe es erste Anzeichen für eine massive Verunreinigung des Untergrunds gegeben, sagte Cabitza. „Bei Untersuchungen hat man gleich gesehen, was los ist. Das Grundwasser war gelb.“ Aber die Verursacher seien nicht mehr greifbar. 2004 sei die Firma Schoch insolvent gegangen, ehe der Betrieb 2008 dann endgültig eingestellt worden sei. „Nun muss die Allgemeinheit für den Schaden aufkommen“, erklärte Cabitza. Mit rund 2,6 Millionen Euro war allein der Abriss der Hallen auf dem Gelände veranschlagt. Zudem rechnete die Stadt vor Baubeginn mit weiteren 20 Millionen Euro, um die Altlasten aus dem Boden zu bekommen.

Nun ist klar, dass es teurer wird. „Die Kosten laufen uns nicht davon, aber wir haben bislang mehr Geld ausgeben müssen, als vermutet“, sagte Tobias Heitmann von der Firma Arcadis. Der Diplom-Geoökologe gab einen tiefen Einblick in die aktuellen Baumaßnahmen. Insgesamt gebe es 16 Sanierungsbereiche und drei Baugruben. „Gleich unsere erste Bohrung war ein Volltreffer. Wir hatten aufgrund der Voruntersuchungen dort etwa 50 Milligramm LCKW pro Kilogramm erwartet“, sagte Heitmann. „Gefunden wurden aber 3100. Bis zu elf Meter tief musste gebohrt werden, um die Altlasten zu entfernen.“

Noch weiter ins Erdreich musste an einer anderen Stelle auf dem ehemaligen Schoch-Areal vorgedrungen werden. „Wir haben dort bis zu 15,7 Meter tief gebohrt und immer noch zwei Milligramm LCKW pro Kilogramm gefunden. Das war immer noch doppelt so viel, wie wir uns überall auf dem Grundstück als sportliches Ziel gesteckt haben“, sagte Heitmann. „Aber bis zum Erdmittelpunkt konnten wir nicht weitermachen. Wir mussten aufhören.“ Das sei aber noch lange nicht alles gewesen. Es habe noch mehr Überraschungen gegeben: Im Sanierungsbereich 11 habe man beispielsweise damit gerechnet, dass es reiche, zweieinhalb Meter tief zu graben. Am Ende waren es dann 7,5 Meter und 1700 Tonnen Aushub statt der prognostizierten 350 Tonnen. Trotz aller Widrigkeiten wolle man aber weiterhin bis Ende 2017 mit der Sanierung fertig sein, sagte Heitmann.

Denn: Mitte 2019 sollen die ersten Bewohner auf dem ehemaligen Schoch-Areal einziehen, das dann „Quartier am Wiener Platz“ heißen soll. Vorgesehen sind unter anderem 125 Wohnungen. Insgesamt soll eine Mischung aus Wohnen, Arbeiten, Einzelhandel, Dienstleistung und sozialer Infrastruktur entstehen. Zudem wird sich auf dem nördlichen Baufeld die benachbarte Firma Klumpp vergrößern.