Das Geschäft an der Stuttgarter Straße 72 B öffnet am Samstag das letzte Mal seine Pforte. Feuerbachs Kundschaft nimmt Abschied vom „Fisch Schief“. Das Betreiber-Ehepaar geht in den Ruhestand.

Feuerbach - Margot Schief sucht die für einen Kunden bereits zurückgelegte Ware. Es handelt sich um Jakobsmuscheln. Sie entschwindet für kurze Zeit aus dem Verkaufsraum und geht in die rückwärtig gelegenen Lager- und Kühlräume des Fischgeschäftes an der Stuttgarter Straße 72 B, kommt aber mit leeren Händen zurück: „Wo hat mein Mann die Jakobsmuscheln nur hingetan?“

 

Sie startet gemeinsam mit einer Mitarbeiterin einen zweiten Versuch und wird doch noch fündig. Der Stammkunde ist froh, bedankt sich und holt plötzlich eine Flasche, einen Weissburgunder vom Weingut Ellwanger, aus seiner Einkaufstasche: „Das ist ein Geschenk für Sie. Den Wein habe ich immer so gerne zu den Jakobsmuscheln, die ich hier bekommen habe, getrunken“, sagt er und stellt das Fläschchen auf die Verkaufstheke des Fischgeschäftes. Margot Schief nimmt es gerührt entgegen. Abschiedsszenen wie diese häufen sich in diesen Tagen in dem Fischgeschäft in Feuerbach. Sie zeigt auf die frischen Rosen, die hinter ihr in einer kleinen Vase stehen: „Die haben wir gestern bekommen.“ Die Woche davor brachte eine Kundin ein Lavendel-Sträußchen mit einer schönen handgeschriebenen Karte vorbei.

Viele Stammkunden sind mit den Betreibern alt geworden

Feuerbachs Kundschaft nimmt Abschied vom „Fisch Schief“. So heißt – oder besser gesagt hieß – der kleine von Margot und Ulrich Schief geführte Laden mit dem weithin sichtbaren Fischsymbol an der Fassade. Vom Biolachs über Räucherlachs, Seelachs, Kabeljau, Hering, Forellen bis zum Schwedenhappen, Krabben- und Meeresfrüchtesalat gab es eine breite Auswahl. Und wer schnell ein Fischbrötchen auf die Hand wollte, der wurde am Imbissstand fündig: „Wir hatten viele Stammkunden, die sind mit uns alt geworden, manche sind inzwischen auch gestorben“, sagt der 72-jährige Ulrich Schief mit ein wenig Wehmut in der Stimme.

Nach 32 Jahren wird das familiengeführte Geschäft altershalber geschlossen, was viele Kunden sehr bedauern. Denn genauso wie die im Fisch enthaltenen Omega-3-Fettsäuren bei der Ernährung einen guten Ruf genießen, hatten sich die Inhaber des kleinen Fischlädchens in Feuerbach einen guten Ruf erarbeitet. Die Meerestiere kamen in der Regel direkt von der Küste – egal ob von Atlantik, Mittelmeer oder der Nordsee: „Ich habe langjährige Geschäftsverbindungen aufgebaut, die dauern teilweise schon bis zu 50 Jahre“, sagt Ulrich Schief.

Auch im sozialen Bereich engagierten sich die Eheleute. Regelmäßig sammelten sie im Fischgeschäft kleinere Spenden und stockten diese dann finanziell auf, um die Föhrichschule und zuletzt auch das Kinderhospiz in Stuttgart zu unterstützen.

Bereits 1966 hatte Ulrich Schief, damals noch mit seinen Eltern, am Marktplatz in Leonberg sein erstes Lebensmittelgeschäft eröffnet. Später wurde das Haus abgerissen und er zog 1974 in das Leo-Center in Leonberg. Dort bot er neben Fisch auch Wild und Geflügel an. Das Geschäft brummte, aber der Stress war groß. „Nach zehn Jahren haben meine Frau und ich gesagt: Machen wir das Ganze lieber wieder ein bisschen kleiner.“

Früher gab es auch Wildfleisch, aber dann kam Tschernobyl

Im Jahr 1984 zogen sie nach Feuerbach und eröffneten an der Stuttgarter Straße ihr Fischgeschäft und den Imbiss. „Anfangs gab es auch noch Geflügel und Wild, aber nach der Reaktorkatastrophe in Tschernobyl war Wildfleisch plötzlich nicht mehr so gefragt“, sagt Ulrich Schief. Folglich spezialisierten sich die Schiefs auf Fischwaren und den Imbiss. Doch bald ist Schluss. Das Ehepaar gibt noch bis Ende der Woche „Butter bei die Fische“. Am Samstag schließen sie um 7.30 Uhr das letzte Mal den Laden auf. „Natürlich ist es schade, dass wieder ein familiengeführter Betrieb in Feuerbach aufhört“, sagt Margot Schief. Was aus den Geschäftsräumen wird ist ungeklärt.