Der Düsseldorfer Architekt Thomas Schüler hat dem städtebaulichen Gestaltungsbeirat den bisherigen Stand der Planungen für einen Abriss des ehemaligen Postgebäudes und einen Neubau auf dem Grundstück am Wiener Platz vorgestellt.

Feuerbach - Station F heißt das Wirtshaus im Bahnhofsgebäude Feuerbach. Wer dort derzeit unter einem der Sonnenschirme im Freien Platz nimmt und bei einem Kaltgetränk auf den nächsten Zug wartet, der blickt auf eine graue Wand. Denn genau gegenüber auf der anderen Seite der Stadtbahngleise steht das frühere Postgebäude, dessen Fassaden mit Schmierereien übersät sind.

 

Schon seit Jahren gibt das rechteckige Gebäude am Wiener Platz 1 kein gutes Bild mehr ab. Verdreckt und schmutzig sieht vor allem der Eingangsbereich mit den gelben Briefkästen aus. Die Glasscheiben davor sind trüb und meistens verschmiert, genauso wie die gläsernen Bullaugen rechts daneben. Die Betonfassade bröckelt und wird mal als Plakatwand, mal als Übungsfläche für Graffiti-Sprayer benutzt.

Bisher tendierte die Hoffnung, dass dieser mehrstöckige Klotz irgendwann abgerissen wird, um einer neuen Bebauung Platz zu machen, gegen Null. Stadtplaner und Architekten winkten genervt ab, wenn vom alten Postgebäude die Rede war. Ihr Fazit lautete stets: Zu schwierig seien die Verhandlungen und Nutzungsrechte, auch weil die Telekom an dieser Adresse einen ihrer Hauptverteiler untergebracht hat.

Thomas Schüler kann sich beim Bahnhof ein Geschäfts- und Wohnhaus vorstellen

Dass nun Bewegung in die Angelegenheit kommt, hat die Stadt wohl vor allem dem Düsseldorfer Architekten Thomas Schüler zu verdanken. Dieser hat, nachdem er 2012 mit dem Landschaftsarchitekturbüro Faktorgrün den ersten Preis des städtebaulichen Wettbewerbs für das „Quartier am Wiener Platz“ gewann, sich intensiv um eine Verbesserung der Architektur an dieser Stelle bemüht. Und er ist auf einem guten Weg, dort eine Neubaulösung zustande zu bekommen.

Die alte Post sei „nicht gerade eine Grazie“, charakterisierte der Schweizer Architekt und Stadtplaner Patrick Gmür, Vorsitzender des städtebaulichen Gestaltungsbeirats Stuttgart, mit leicht süffisantem Lächeln das Erscheinungsbild des jetzigen Baus bei der jüngsten Sitzung im Literaturhaus Stuttgart. Der Architekt Thomas Schüler stellte dort dem Expertengremium Überlegungen für eine komplette Neuplanung vor. Vorstellbar ist, nach Gesprächen und Verhandlungen sowohl mit der Stadt und als auch mit dem Eigentümer und den Nutzern, ein Wohn- und Geschäftshaus an dieser Stelle zu realisieren. Schüler berichtete, dass alle Beteiligten sehr bemüht seien, dem Projekt eine Chance zu geben, obwohl die Rahmenbedingungen an dieser Stelle alles andere als einfach sind. Das gilt eben vor allem auch deshalb, weil die Telekom im ersten Obergeschoss ihre Hauptverteiler-Station für Feuerbach hat.

Telekom-Leitungen sind kein Ausschlusskriterium mehr

Doch offenbar sind die dort verlaufenden Telekom-Leitungen inzwischen kein K.-o.-Kriterium für ein Neubauprojekt mehr. Voraussetzung wäre allerdings, dass der Telekom eine entsprechende Abfindung gezahlt werde, betonte Schüler. Offenbar sei das Kommunikationsunternehmen grundsätzlich bereit, das Gebäude zu verlassen, allerdings müssten die Details für einen solchen „Herauskauf“ zwischen den Beteiligten noch ausgehandelt werden.

Schüler musste diese bis dato noch offenen Kosten bei der Entwicklung des gesamten Projektes im Auge behalten. Mit der nun vereinbarten Gebäudekubatur könne der Investor weiter kalkulieren, betonte er. Die Höhe des Einzelgebäudes könnte sich an der künftigen Blockrandbebauung orientieren. Das war bisher mit der Stadt so besprochen. Die Grundfläche (Bruttogeschossfläche) des künftigen Gebäudes beträgt nach den jetzigen Entwürfen 8419 Quadratmeter. Im Erdgeschoss könnten Läden und gastronomische Betriebe angesiedelt werden. Ein Restaurant und Café mit Außenbereich wäre in Richtung Wiener Platz und der neuen Sichtachse zur Burgenlandstraße denkbar. Die Post habe bereits ihr Interesse signalisiert, einen Teil der Fläche im Erdgeschoss für eine Postanlieferungsstelle anzumieten, sagte Schüler. In den darüber liegenden vier Obergeschossen könnten rund 5900 Quadratmeter Büroflächen entstehen. Das zurückgesetzte fünfte Obergeschoss wäre als Wohnetage (802 Quadratmeter) vorstellbar. Eine Tiefgarage mit Zufahrt über die Kremser Straße ist ebenfalls geplant. Schüler sagte, er selbst hätte an dieser Stelle gerne ein reines Wohngebäude realisiert. Aber dies sei aufgrund der Lärmsituation am Bahnhof nicht umsetzbar. Er zeigte verschiedene Visualisierungsvarianten, wie das zukünftige Solitärgebäude am Bahnhof aussehen könnte. Als Material schlug er roten und weißen Ziegel vor – jeweils mit und ohne Betonung des Gebäudesockels.

Gestaltungsbeirat macht Verbesserungsvorschläge

Damit konnte er den Gestaltungsbeirat allerdings nicht recht überzeugen. Was bisher geplant sei, sehe „wie überall in Europa“ aus, sagte Gmür. Der Architekt Johannes Kister (Leipzig/Köln) wandte sich direkt an Schüler: „Wir müssen Sie unterstützen, kraftvoller zu werden.“ Die Qualität der Architektur und die Gestaltung der Fassade dürfe nicht an den Kosten scheitern, das Argument der Wirtschaftlichkeit könne er in diesem Zusammenhang nicht mehr ertragen. Kister plädierte dafür, nochmals „mit Vollgas“ in die Planung zu gehen. Auch über die mögliche Höhe des Gebäudes diskutierten die Gestaltungsbeiräte. Gmür sagte, das Solitärgebäude könnte an dieser Stelle durchaus ein Stockwerk mehr vertragen, wenn dafür das Staffelgeschoss weggelassen werde. „Ich sehe die Überbauung als große Chance für den Platz, das kann wirklich ein interessanter Ort werden“, meinte Gmür.