Der Stuttgarter Fotograf Pierre Polak zeigt im Fluxus seine außergewöhnlichen Stuttgart-Architektur-Fotos. Hochschauen lohnt sich, Gefahr einer Genickstarre inklusive. 

Stuttgart - Das Schöne am Fluxus ist ja, dass sich die „Temporary Concept Mall“ tatsächlich regelmäßig verändert. Natürlich sind das Tatti, das Holzapfel und einige andere Shops feste Säulen, aber seit Beginn des Projektes werden immer wieder einzelne Ladenflächen neu belegt. Die größte bespielbare „Fläche“ bietet letztendlich das denkmalgeschützte Glasdach der Calwer Passage selbst, dieser in die Vertikale gelegte einzigartige, ellenlange Halbzylinder. Den nutzen die Fluxus-Macher für wechselnde Dekorationen und Installationen.

 

In den nächsten zwei Monaten kann man beim Flanieren durchs Fluxus die Foto-Ausstellung „Stuttgart Fine Art“ des Fotografen Pierre Polak nicht nur auf, sondern vor allem über sich wirken lassen. Genickstarren sind bei der etwas anderen Stuttgarter Architektur-Fotodokumentation inbegriffen, denn bei Polaks aufwendig digital nachbearbeiteten Variationen von bekannten Stuttgarter Bauwerken und Sehenswürdigen (Porsche-Museum, Feuersee, Bibliothek und so weiter) sowie unbekannteren lokalen Spots (Skulpturen, Parkhaus-Einfahrten) bleibt der Betrachter hängen.

Objekte, die kaum Beachtung finden

Sein fotografisches Interesse an der Architektur begleitet ihn seit dem Kauf seiner ersten Kamera in den frühen Nullerjahren. Damals zog Polak nächtelang mit seinem Stativ durch die Gegend. „Aus diesen Exkursionen entstand immer mehr die Lust, Bauwerke möglich weitwinkelig in Szene zu setzen“, erzählt Pierre Polak. Nicht nur das: Er war schon damals auf der Suche nach unscheinbaren Objekten in Stuttgart, die kaum Beachtung finden und nicht zum 25.000. Mal der gute alte Fernsehturm. „Das kann alles Mögliche sein, Parkhäuser, Skulpturen, Unterführungen. Oft stellt sich bei diesen Motiven ein größerer Wow-Effekt ein.“

Wie nun bei seiner Ausstellung „Stuttgart Fine Art“. Seit Polaks Werke an der Fluxus-Decke hängen, freut er sich über „tolles Feedback“ von wildfremden Menschen. „Die gemeinsamen Gespräche, die dann geführt werden, sind schon etwas ganz anderes als ein Like bei Instagram.“ Natürlich nutzt auch Polak die Foto-App für seine Zwecke und findet es nach wie vor faszinierend, wie viele Leute man in allen Herren Ländern erreichen kann.

Die im Fluxus gezeigten Bilder konnte man zwar schon unter seinem Instagram-Account anschauen, aber so eine Ausstellung im Real Life sei natürlich nochmals etwas was ganz anderes als auf winzigen vier bis fünf Zoll Smartphones durchzuscrollen. Deswegen ist Pierre Polak dem Fluxus dankbar für diese Plattform, betont er. Weil sowieso ist ja heutzutage eh jeder ein Fotograf. Irgendwie.

Der Wolken-Fan wartet auf das richtige Wetter

Nur macht ein gut gewählter Filter noch lange keinen guten Fotografen aus. Für Polaks Architektur-Fotografie spielen zum einen geometrische Formen und Linienführungen eine große Rolle und zum anderen ganz banal: das Wetter. „Wenn das nicht meinen Bedingungen entspricht, dann gehe ich erst gar nicht auf Tour.“ Manche Gebäude geben mit grauer Suppe im Hintergrund nichts her. Optimal für Polak sind blauer Himmel in Kombination mit großen Wolken dazwischen. „Je mehr Wolken desto mehr Drama erhält ein Bild“, meint der selbsternannte Wolken-Fan. „Diese brauche ich auch für meine Langzeitbelichtungen am Tag, für die ich ein Bild bis zu fünf Minuten belichte, um die Bewegungen der Wolken einzufangen.“

Nach dem Schuss geht die Arbeit am Computer weiter. Je nachdem, welche Vision Polak von dem fertigen Bild im Kopf hat, bearbeitet er das Bild weiter. „Ich entscheide schon vorher, ob das Bild eher surreal wirken soll oder möglichst nah an der Original-Aufnahme liegen soll.“ Ist es unter Fotografen eigentlich nicht verpönt, Bilder mitunter so stark nachzubearbeiten? Zumindest nicht in den Augen von Pierre Polak. Er persönlich findet, dass es bei der Nachbearbeitung keine Grenze gibt und die Bildbearbeitung eine künstlerische Freiheit sei, seine eigenen Werke zu interpretieren.

Allerdings betont Polak: „In meinen Augen ist ein gutes und sauberes Grundfoto das A und O des später fertig ausgearbeiteten Bildes.“ Sprich, aus einem schlechten wird auch durch Bearbeitung kein gutes Bild. Wie man das auf einem richtigen Level angeht ohne zu übertreiben, kann man noch die nächsten Monate im Fluxus betrachten. Stuttgart in seiner ganzen Pracht und wie man es vielleicht auch noch nicht kannte.

Pierre Polak – Stuttgart Fine Art ist tags wie nachts - natürlich kostenlos - im Fluxus zu sehen.

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