Digital Desk: Jan Georg Plavec (jgp)

Die große Masse der Stuttgart-Bilder wird von Amateuren ins Netz gestellt. Um sie zu finden, reicht bei Pinterest, Tumblr und Co. die einfache Suche nach dem Hashtag #Stuttgart, etwa bei der Social-Media-Suchmaschine Topsy.

 

Man stößt dann unter anderem auf die Bilder von Harald Völkl und seine Website Fuck Yeah Stuttgart. Er postet in schöner Regelmäßigkeit Bilder mit Titeln wie „Fuck Yeah remember to smile“ (mit einem Foto vom Banner eines Zahndienstleisters im Hochhaus am Charlottenplatz) oder „Fuck Yeah grüner Bahnhof“ (unter einer Ansicht vom Bahnhoftsturm mit einigen Bäumen im Bild). „Mich interessieren die kleinen Orte, die aus dem Rahmen fallen“, sagt Völkl, „die müssen nicht unbedingt schön sein. Aber ästhetisch“.

„Manchmal ein bisschen dümmlich“

Wer für seine eigene Arbeit nach solchen Motiven sucht, den langweilt die Flut an Schlossplatz-Fernsehturm-Schillerdenkmal-Bildern ziemlich schnell. „Es geht halt darum, wie man die Stadt sieht. Ich versuche, meinen eigenen Blick zu entwickeln“, sagt Völkl. Die Stadt auf wenige Sehenswürdigkeiten zu reduzieren,wie es tendenziell in den Bildernetzwerken passiert, findet Harald Völkl nicht angemessen; Lokalpatriotismus und in Brezelfotos ausgedrückte Heimatliebe findet er „manchmal ein bisschen dümmlich“. Aber, sagt Völkl im nächsten Moment, im Grunde mache er das ja auch: nach den Motiven zu suchen, die typisch sind für Stuttgart. „Nur mit anderen Mitteln“, ergänzt er.

Weniger Stuttgart, sondern vielmehr Stuttgarter gibt es bei Instagram zu sehen. Seiten wie statigr.am ermöglichen auch dem Nicht-Instagram-Nutzer den Blick auf die Bilderwelt dieses Netzwerks. Die Suche nach Hashtags wie #Stuttgart oder #0711 bringt vor allem Bilder von Menschen hervor, die sich mutmaßlich in Stuttgart aufhalten – nachprüfen lässt sich das in den seltensten Fällen, weil von der Stadt selbst oft nichts zu sehen ist.

Ist das nicht zu viel vom immer Gleichen? „Stuttgart ist halt nicht so groß“, sagt Venugopal. Das soll aber nicht so sehr nach Provinzgejammer klingen, wie es vielleicht den Eindruck macht: „Die Fotografen drücken sich in ihren Bildern ja auch aus“, sagt Venugopal. Der eine komme von der technischen Seite her und bearbeite seine Fotos etwa mit HDR-Software; der andere will eher das Bekannte aus einem anderen Blickwinkel aufnehmen. So oder so: Auch mit oft gezeigten Motiven werde die Stadt im Auge des Betrachters „interessanter und facettenreicher“, ist der Board-Betreiber überzeugt. „Und wir stehen damit ja erst am Anfang.“

Was die Profis posten

Neben dem kesselfieber.de-Board gibt es bei Pinterest auch Boards von der Stuttgart-Marketing GmbH. Dort sind vor allem von Profis oder Mitarbeitern der Firma aufgenommene Bilder von den Sehenswürdigkeiten und der Landschaft in Stuttgart und Umgebung zu sehen. Das klingt zunächst wenig spannend. Doch die Fotos – etwa ein von einem eigens gebauten Ballon aus geschossenes Foto vom Fernsehturm – werden auf Pinterest häufig geteilt.

Andrea Gehrlach ist Mitglied der Geschäftsführung bei der Stuttgart-Marketing GmbH. Sie berichtet von einer eigenen Bildsprache, die die Fotos haben, mit denen Touristen in die Region gelockt werden sollen. „Warme Farbtöne“ wolle man zeigen und Bilder, die „nicht nur ein Gebäude in seiner Eindimensionalität“ ablichten, so Gehrlach. „Der Schlossplatz zum Beispiel: der ist ohne Menschen schön, aber nur mit Menschen ist er liebenswert“, ergänzt sie.

Der Schlossplatz, „Herz der Region“

Überhaupt der Schlossplatz: „Da schlägt das Herz der Region“, sagt Andrea Gehrlach. Logisch, dass die Stuttgart-Marketing GmbH ihn in ihren Bildern gerne zeigt. Verengt die Konzentration auf Schlossplatz, Fernsehturm und Automuseen nicht den Blick auf die Stadt? „Wenn es so wäre, dann kämen die Stuttgarter nicht selbst so gerne auf dem Schlossplatz“, findet Gehrlach.

Bleibt die Frage: Was machen Bilder einer Stadt mit den Menschen, die in dieser Stadt leben? Zunächst erzeugen sie Identifikation, sie schaffen oder verstärken bildliche Symbole. Stuttgart mag viel mehr sein als der Fernsehturm, idyllische Bilder von Weinbergen, das Daimler-Museum im Abendrot oder der verschneite Schillerplatz samt Weihnachtsmarkt – aber diese Bilder machen die Stadt greifbar. Man sieht sie gerne. Deshalb werden sie so oft gezeigt und geteilt. Deshalb kommen auch Seiten wie „Unnützes Stuttgartwissen“ so gut an.

Fuck Yeah Stuttgart

Die große Masse der Stuttgart-Bilder wird von Amateuren ins Netz gestellt. Um sie zu finden, reicht bei Pinterest, Tumblr und Co. die einfache Suche nach dem Hashtag #Stuttgart, etwa bei der Social-Media-Suchmaschine Topsy.

Man stößt dann unter anderem auf die Bilder von Harald Völkl und seine Website Fuck Yeah Stuttgart. Er postet in schöner Regelmäßigkeit Bilder mit Titeln wie „Fuck Yeah remember to smile“ (mit einem Foto vom Banner eines Zahndienstleisters im Hochhaus am Charlottenplatz) oder „Fuck Yeah grüner Bahnhof“ (unter einer Ansicht vom Bahnhoftsturm mit einigen Bäumen im Bild). „Mich interessieren die kleinen Orte, die aus dem Rahmen fallen“, sagt Völkl, „die müssen nicht unbedingt schön sein. Aber ästhetisch“.

„Manchmal ein bisschen dümmlich“

Wer für seine eigene Arbeit nach solchen Motiven sucht, den langweilt die Flut an Schlossplatz-Fernsehturm-Schillerdenkmal-Bildern ziemlich schnell. „Es geht halt darum, wie man die Stadt sieht. Ich versuche, meinen eigenen Blick zu entwickeln“, sagt Völkl. Die Stadt auf wenige Sehenswürdigkeiten zu reduzieren,wie es tendenziell in den Bildernetzwerken passiert, findet Harald Völkl nicht angemessen; Lokalpatriotismus und in Brezelfotos ausgedrückte Heimatliebe findet er „manchmal ein bisschen dümmlich“. Aber, sagt Völkl im nächsten Moment, im Grunde mache er das ja auch: nach den Motiven zu suchen, die typisch sind für Stuttgart. „Nur mit anderen Mitteln“, ergänzt er.

Weniger Stuttgart, sondern vielmehr Stuttgarter gibt es bei Instagram zu sehen. Seiten wie statigr.am ermöglichen auch dem Nicht-Instagram-Nutzer den Blick auf die Bilderwelt dieses Netzwerks. Die Suche nach Hashtags wie #Stuttgart oder #0711 bringt vor allem Bilder von Menschen hervor, die sich mutmaßlich in Stuttgart aufhalten – nachprüfen lässt sich das in den seltensten Fällen, weil von der Stadt selbst oft nichts zu sehen ist.

Voyeurismus und Suche nach der Identität der Stadt

Die Bilder bei Instagram sind durchweg mit Handykameras aufgenommen und gehen meist kurz nach der Aufnahme ins Netz. Anders als bei Pinterest, flickr und Tumblr, wo überwiegend schön aufbereitete Bilder zu finden sind, wirken die Instagram-Fotos direkter und – schon wegen der Motive – persönlicher.

Wer sie sich ansieht, ohne mit den (oft jugendlichen) Fotografen auf Instagram vernetzt zu sein, fühlt sich unweigerlich als Voyeur. Zugleich gewinnt man an Wochenenden Einblicke in das Partyleben der Stadt, bei schönem Wetter zeigen die Bilder, wie viel am Schlossplatz los ist und schöne Sonnenuntergänge werden sowieso dokumentiert. Außerdem natürlich Herrengedecke, schnelle Autos sowie, via Selbstporträt, das neueste Outfit.

Die schönsten Momente in den Bildernetzwerken sind aber die, wenn man neue Ecken der Stadt entdeckt. Das kann ein Portal sein, das man noch nie gesehen hat; es kann eine neue Ansicht vom Schlossplatz sein oder der Killesberg an einem perfekten Wintersonnentag. Denn vor allem spricht aus der Flut an Stuttgart-Bildern im Netz die Frage nach der Identität der Stadt und ihrer Bewohner. Die Antwort ist jedes Mal eine andere; die Bilder der Stadt können helfen, diese Antwort zu finden: Stuttgart als Stadt auf Identitätssuche im Social Web.