Keine Kettensägen, keine Pflege, und die Bäume verfaulen, wo sie fallen. Und das schon seit Jahrzehnten. Das Horber Holz, halb auf Heumadener, halb auf Ruiter Gemarkung, wird nicht bewirtschaftet. Wie sieht es dort wohl aus?

Heumaden/Ruit - Wer von der alten Kirche in Heumaden ins Tal hinab wandert, vorbei an den Gewächshäusern und immer Richtung Ruiter Krankenhaus, der findet sich in einem Wald wieder, der nicht ist wie jeder andere. Kein Stadt- und kein Staatswald, sondern einer in Privatbesitz, unterteilt in kleinste Parzellen, einstanden durch die Realteilung im Schwäbischen. Viele der Besitzer sind Heumadener. Spazieren darf man durch das etwa 30 Hektar große Gebiet trotzdem, denn auch hier gilt freies Betretungsrecht.

 

Was das Besondere an diesem Privatwald zwischen Heumaden und Ruit ist, ließen sich am Samstag etwa 35 Wanderer vom Revierförster Wolfgang Heckel erklären. Der Veranstalter des Spaziergangs war der Bürgerverein Heumaden, denn „zu unseren Aufgaben gehört es, den Menschen ihre Heimat vor Augen zu führen“, erklärte das Beiratsmitglied Reinhard Retzlaff. Sowohl er als auch die anderen staunten nicht schlecht angesichts vieler umgestürzter Stämme, etliche schon halb verrottet. „Seit 50 Jahren passiert hier gar nichts“, sagte Wolfgang Heckel. Tote Bäume bleiben liegen, gesunde werden nicht geschlagen. Das hat zur Folge, dass das Blätterdach der Buchen, Eschen und Ahornbäume – die typische Stuttgarter Mischung – dicht ist, weniger Licht nach unten dringt und sich am Boden kaum junge Bäumchen entwickeln.

Waldbewirtschaftung oder nicht? – Das ist die Frage.

Wolfgang Heckel vertritt als Chef des Forstreviers Stuttgart Ost freilich die andere Seite. Aus dem Stuttgarter Wald – insgesamt ist die Landeshauptstadt von 5000 Hektar umgeben, etwa die Hälfte davon ist Stadtwald – holen er und seine Kollegen pro Jahr etwa 25 000 Festmeter Holz; weitaus weniger, als sie könnten. Laut dem 59-Jährigen wachsen pro Jahr etwa 38 000 Festmeter nach.

Was nun besser ist, Bewirtschaftung oder nicht, wollte er nicht bewerten. Beides habe Vorteile. „Die Leute fordern immer, dass man möglichst nichts macht, verbrauchen aber gleichzeitig 250 Kilogramm Papier pro Jahr. Das ist die Diskrepanz“, erklärte er. Zwar biete das Totholz besonders vielen Insekten oder speziellen Vogelarten, dem Schwarzspecht oder der Hohltaube, eine Heimat, andererseits stellte der Förster klar: „So ein Wald ist relativ gefährlich.“ Dabei lenkte er den Blick der Zuhörer auf einen querhängenden Baum.

Das Eschentriebsterben und Pilze machen den Förstern Sorge

Auch zeigte er ein Stück Brandkrustenpilz, einen von etwa 3000 heimischen Pilzarten. „Wenn wir den sehen, schrillen unsere Alarmglocken, der Baum muss dann weg“, betonte er. Aber nicht nur dieser Schadpilz treibt Wolfgang Heckel und seine Mitarbeiter um. Auch das Eschentriebsterben, ebenfalls verursacht durch einen Pilz, ist nach wie vor ein Problem in Stuttgart. In tieferen Lagen seien mittlerweile auch ältere Bäume befallen, auf der Filderebene sei die Lage noch etwas besser. „Man weiß nicht, wie es weitergeht“, sagte Heckel.

Er habe die Hoffnung, etwas „Verständnis für unser Geschäft zu wecken“, resümierte Wolfgang Heckel. Die Wanderer jedenfalls, die nahmen viel mit aus dem Horber Holz – und nicht nur das eine oder andere Zweiglein für die Herbstdeko. „Mich interessiert das sehr, ich habe viele kleine Büchlein über den Wald daheim“, sagte etwa die Sillenbucherin Elisabeth Uebel (79). Dann lachte sie. „Ich habe vier Enkel, denen muss ich was beibringen.“