Eifersuchtsdrama: Laut der Rechtsmedizinerin bestand aber noch keine akute Lebensgefahr für die 46-Jährige. Das Opfer hatte zur Tatzeit einen Alkoholpegel im Blut von 2,7 Promille.

Stuttgart - Im Prozess gegen einen 63 Jahre alten Mann aus Renningen, der sich derzeit am Stuttgarter Landgericht wegen gefährlicher Körperverletzung und versuchten Totschlags verantworten muss, hat nun die rechtsmedizinische Sachverständige ihr Gutachten vorgelegt. Demnach bestand bei der Würg-Attacke des angeklagten Rentners keine „konkrete Lebensgefahr“ für dessen Ehefrau.

 

Zwar sei man sich in der Rechtsmedizin bis heute nicht einig darüber, wann man bei einem Angriff gegen den Hals von einer Lebensgefahr sprechen müsse. „Die meisten Kollegen und auch ich vertreten aber die These, dass für einen lebensbedrohlichen Zustand neben den Einblutungen in den Lid- und Bindehäuten auch eine Bewusstlosigkeit vorliegen muss“, erklärte die Fachärztin für Rechtsmedizin. Letzteres hatte aber laut der Ehefrau nicht bestanden. Die 46-Jährige hatte in ihrer gerichtlichen Vernehmung ausgesagt, dass sie bei dem Übergriff ihres Mannes das Bewusstsein nicht verloren habe, ihr sei es lediglich „schwarz vor Augen“ geworden.

Rechtsmedizinerin: Keine potenzielle Lebensgefahr

Die Rechtsmedizinerin betonte aber, dass eine „potenzielle Lebensgefahr“ für die Frau bestand. „Unter längerer Gewalteinwirkung wäre das Gehirn nicht mit genügend Sauerstoff versorgt worden, was zu irreversiblen Schäden im Gehirn oder auch zum Tod geführt hätte“, sagte diese. Die Verletzungen deuteten jedenfalls auf einen „erheblichen Angriff“ gegen den Hals hin. „Es lässt sich zwar nicht mit absoluter Sicherheit sagen, wie lange der Angeklagte dem Opfer die Luftzufuhr abgeschnitten hatte“, meinte die Sachverständige. „Aber aufgrund der sogenannten petechialen Einblutungen in den Lid- und Bindehäuten gehe ich davon aus, dass er durchaus bis zu einer dreiviertel Minute lang den Hals zugedrückt haben könnte.“

Nicht zuletzt verschlimmerte auch die erhebliche Alkoholisierung der Frau die Situation – bei ihr wurden nach dem Vorfall 2,7 Promille gemessen. Unstreitig war der Fachärztin zufolge, dass der Angeklagte den Hals des Opfers mit beiden Händen umklammert hatte. Ob die Frau dabei auf dem Bauch oder Rücken lag, konnte die Rechtsmedizinerin aber aufgrund des Verletzungsbildes nicht mit hundertprozentiger Sicherheit sagen.

Renninger seit der Tat in Untersuchungshaft

Der angeklagte Renninger sitzt seit der Tatnacht im vergangenen Juli in der Untersuchungshaft. Bei seiner Vernehmung konnte er sich an das damalige Geschehen in der ehelichen Wohnung nicht erinnern. Als er seine Frau mit einem früheren Arbeitskollegen in der Küche entdeckt habe, sei er „ausgerastet“, weil er sie schon mal mit einem Bekannten fast in flagranti erwischt habe.

Dass die Attacke des Angeklagten gegen seine Frau nicht schlimmer ausging, war nur dem beherzten Eingreifen des Bekannten zu verdanken, der dazwischen ging. Die 46-Jährige kam mit mehreren Prellungen ins Krankenhaus und klagte in der Folge über Schluckbeschwerden.

Das Paar ist seit zehn Jahren verheiratet, die Renningerin hat aber mittlerweile die Scheidung eingereicht. Der minderjährige Sohn hatte die Auseinandersetzung seiner Eltern aus nächster Nähe beobachtet. Beide Seiten haben sich allerdings darauf geeinigt, ihn nicht in den Zeugenstand zu berufen. Laut der ermittelnden Polizeibeamtin hatten sich die beiden Kinder nach dem Vorfall freiwillig in die Obhut des Jugendamtes begeben.

Der Prozess vor der 9. Schwurgerichtskammer wird fortgesetzt.