Seit 27 Jahren ist Jürgen Lohmann der Bezirksvorsteher des Stadtbezirks Stuttgart-Möhringen. Zuvor hatte er den selben Posten in Botnang inne. Ende Mai legt er nun sein Amt nieder.

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Möhringen - Jürgen Lohmann ist schon immer ein Pragmatiker gewesen, und so macht er auch um diese Entscheidung kein großes Aufheben. „Irgendwann muss es ja mal sein“, sagt er. 27 Jahre lang war er der Möhringer Bezirksvorsteher, zuvor hatte er einige Jahre lang dieses Amt in Botnang inne. Ende Mai verabschiedet er sich nun aus der Stuttgarter Verwaltung. Seine Frau sei Ende des vergangenen Jahres in Ruhestand gegangen. Im Dezember habe er mit ihr die Sache besprochen und im Januar dann seinen Chef, Verwaltungsbürgermeister Werner Wölfle, informiert. Inzwischen wissen es auch seine Mitarbeiter im Bezirksrathaus und die Mitglieder des Bezirksbeirats.

 

„Ich habe ein paar sehr schöne Reaktionen bekommen“, sagt Lohmann. Die einen seien bestürzt gewesen. Die anderen hätten gefragt: „Wie können Sie nur?“ Doch da war sicher immer ein Augenzwinkern dabei. Die Menschen im Stadtbezirk gönnen dem langjährigen Bezirksvorsteher den Abschied vom Rathaus. Auch wenn sie wissen, dass er für seinen Nachfolger große Fußstapfen hinterlässt.

Der Stadtbezirk ist gut aufgestellt

Die Zeiten sind nicht leicht. In Möhringen werden Ende des Jahres mehr als 1000 Flüchtlinge leben. Die Stadt baut auf dem Fasanenhof ein neues Flüchtlingsheim. Das Heim an der Landhauskreuzung wird erweitert noch eh es fertig ist. Ein ungünstiger Zeitpunkt, um zu gehen? „Es war ja nie leicht in Möhringen“, antwortet Lohmann und ergänzt: „Es war immer was los.“ Der Stadtbezirk sei gut aufgestellt und habe einen sehr engagierten Freundeskreis. Seine Stellvertreterin Evelyn Weis sei bei den Treffen immer dabei gewesen und habe sich in die Situation eingearbeitet. Und sowieso: das Thema Flüchtlinge werde den Stadtbezirk noch einige Jahre beschäftigen. Wenn Lohmann das hätte abwarten wollen, hätte es wohl noch einige Jahre gedauert, ehe er in den Ruhestand hätte gehen können.

Auf die Frage, was ihm zuerst einfällt, wenn er die vergangenen 27 Jahre Revue passieren lässt, antwortet Lohmann nach kurzem Nachdenken: „Der Bau des SI-Centrums.“ Damals protestierte die Bevölkerung heftig gegen die Erweiterung des bestehenden Hotels zu einem Erlebniszentrum. „Es gab Demos und sogar das Fernsehen berichtete“, erinnert sich Lohmann. Diese Monate seien wirklich eine Herausforderung gewesen. Aber irgendwo habe das Ganze auch Spaß gemacht. Insgesamt habe er Möhringen fast drei Jahrzehnte lang bei einer Entwicklung begleiten dürfen, die den Stadtbezirk aus dem Dornröschenschlaf geholt habe.

Lohmann denkt noch nicht an Ruhestand

Und was kommt jetzt? „Gute Frage“, antwortet Lohmann und überlegt. „Ich möchte das Wort ,Sport’ nicht mehr nur in den Mund nehmen, sondern auch etwas Sport treiben“, sagt Lohmann. Und er werde wahrscheinlich wieder etwas mehr für den Lohmann’schen Familienbetrieb tätig sein. Das Unternehmen bietet professionelle Objektverwaltung an. „Und sicher werde ich mich auch ehrenamtlich engagieren“, ergänzt Lohmann. Allerdings nicht in Möhringen. „Da halte ich mich lieber zurück.“ Von Ruhestand möchte Lohmann nicht sprechen. „Das würde nicht gehen. Ich kann nicht von einem auf den anderen Tag auf Null Prozent zurückfahren.“

Die Verwaltung schreibt Lohmanns Stelle demnächst aus. Dann gilt es abzuwarten, wie viele Bewerber es geben wird. Gegebenenfalls wird eine Vorauswahl getroffen, bevor sich die Kandidaten im Verwaltungsausschuss vorstellen. Dann wird gegebenenfalls noch einmal ausgewählt, bevor die Amtsanwärter in den Bezirksbeirat gehen. Am Ende entscheidet der Gemeinderat, wer Bezirksvorsteher wird. „Das ist ein langes und kompliziertes Verfahren“, fasst Lohmann zusammen.

Lohmann hofft, dass sein Nachfolger Bewährtes fortführt und Neues entwickelt. Möhringen sei gut für die Zukunft aufgestellt. „Wir haben viele engagierte Ehrenamtliche und ein gutes Team im Bezirksrathaus.“ Bezirksvorsteher zu sein, sei ein schöner, aber auch sehr zeitintensiver und herausfordernder Job. Doch der Aufwand lohne sich, denn: „Das Amt macht Spaß.“