Wie in ganz Baden-Württemberg wurden auch in den Bezirken vor Ort die Notariate geschlossen. Für die Bürger bedeutet das weitere Wege, dafür werden die notariellen Dienstleistungen besser.

Böblingen: Leonie Schüler (lem)

Möhringen/Vaihingen - Wer in Möhringen oder Vaihingen ein Haus kauft, einen Ehevertrag aufsetzen oder ein Testament anlegen möchte, der muss seit Jahresbeginn andere Wege einschlagen. Der Grund hierfür ist die umfassende Notariatsreform, die in Baden-Württemberg zum 1. Januar 2018 in Kraft getreten ist. Beschlossen worden war sie bereits im Jahr 2008 von der damaligen Landesregierung. „Damit haben wir in Baden-Württemberg das gleiche System wie im ganzen Rest der Republik“, sagt Frank Schwörer vom Justizministerium des Landes, der das Referat Bürgerliches Recht und Notariatswesen leitet. Er nennt die Reform eine „Rechtsangleichung“.

 

Bislang waren in den Notariaten verbeamtete Notare angestellt, die sich sowohl um gerichtliche Vorgänge wie Nachlassverwaltung oder die rechtliche Betreuung eingeschränkter Menschen kümmerten als auch um ureigene Notarstätigkeiten, nämlich Beurkundungen und Beglaubigungen. Die Reform trennt diese Bereiche künftig: Die Nachlass- und Betreuungsverfahren werden nun von Amtsgerichten bearbeitet, die Beurkundung von Grundstückskaufverträgen, Testamenten, Erb-, Ehe- oder Gesellschafterverträgen und Unterschriftenbeglaubigungen von selbstständigen Notaren.

300 Notariate sind betroffen

Landesweit bedeutet die Reform, dass zum Jahreswechsel 300 staatliche Notariate in Baden-Württemberg aufgelöst worden sind; vor Ort waren das Möhringer Notariat an der Vaihinger Straße 55 sowie die Vaihinger Behörde an der Robert-Koch-Straße 2 betroffen. Dass die Reform nötig wurde, erklärt Frank Schwörer damit, dass die bisherige Notariatsstruktur historisch gewachsen und nicht mehr zeitgemäß gewesen sei. Das System stamme noch aus dem frühen 19. Jahrhundert. Damals seien in jeder Gemeinde eigene Notariate geschaffen worden. „Dass es in Vaihingen und Möhringen eigene Notariate gab, liegt daran, dass die Bezirke damals noch nicht zu Stuttgart gehört haben und es noch keine U-Bahn-Verbindung in die Stadt gab“, erklärt der Jurist. Mit der Reform gebe es nun „größere und schlagkräftigere Einheiten“. Nachlass- und Betreuungsverfahren können Vaihinger und Möhringer Bürger künftig beim Amtsgericht Stuttgart, Hauffstraße 5, regeln lassen. Laut Schwörer eine „unproblematische“ Neuerung. Die Gebühren bleiben gleich.

Die Notariatsreform betrifft darüber hinaus auch eine Neuordnung des Grundbuchwesens. Denn die Grundbuchämter waren bislang bei den staatlichen Notariaten angesiedelt. Mit ihrer Auflösung wurden die etwa 670 Grundbuchämter Baden-Württembergs auf 13 zentrale Amtsgerichte übertragen. Da das Stuttgarter Amtsgericht kein Grundbuch führt, ist für Bürger aus Vaihingen und Möhringen jetzt das Böblinger Amtsgericht zuständig. „Das klingt extrem weit weg, aber man verkehrt in der Regel schriftlich mit dem Amt“, betont Frank Schwörer. Wer etwas in einem Grundbuch nachlesen möchte – Voraussetzung ist ein berechtigtes Interesse – kann dies in einer sogenannten Einsichtsstelle tun. In Stuttgart ist diese im Kundenzentrum des Stadtmessungsamts, Kronenstraße 20. Die Akten selbst wurden im Grundbuchzentralarchiv in Kornwestheim eingelagert. Neue Akten werden digital geführt.

Die Kontrolle wird besser

Positiv sieht Frank Schwörer, dass künftig gerichtliche und notarielle Angelegenheiten von verschiedenen Personen bearbeitet werden. Dadurch sei die Kontrolle besser. Gleichwohl räumt er ein, dass es für die Bürger zuvor recht komfortabel gewesen sei, wenn ein und derselbe Notar einen Kaufvertrag beurkunden und gleichzeitig ins Grundbuch eintragen konnte.

Verfahren, die in den Notariaten in Möhringen und Vaihingen ihren Anfang genommen und zum Jahresende noch nicht abgeschlossen waren, haben die freien Notare Siegfried Schneider und Dieter Blochinger für Möhringen sowie Evelyn Berger für Vaihingen übernommen. „Wir bringen laufende Fälle zu Ende“, sagt Schneider. „Für neue Fälle kann jeder hingehen, wohin er möchte.“ In der Notariatsreform sieht Schneider sowohl positive als auch negative Aspekte: „Für den Bürger wird die notarielle Dienstleistung besser, dafür werden die Wege ein bisschen weiter.“ Bei der Zentralisierung der Grundbuchämter „knirsche“ es noch ein wenig, die Bearbeitung würde derzeit etwas länger dauern. Das liege aber womöglich noch an der Übergangsphase.

Die Räume gehen zurück an die Besitzer

Was die Räume der Notariate betrifft, so müssen diese bis Ende März geräumt sein. Pläne hat die Stadt damit keine: „Die Notariate in Vaihingen und Möhringen waren in angemieteten Räumen untergebracht. Wir werden diese Mietverhältnisse beenden, da kein Bedarf mehr für die Stadt Stuttgart besteht“, sagt der städtische Pressesprecher Martin Thronberens auf Nachfrage.