Goldmedaille und Kristallkugel als Trophäen einer erfolgreichen Saison: Besser konnte es für Anja Wicker und ihren Vater Volker nicht laufen.

S-Nord - In ihrem Zimmer baumeln zahlreiche Medaillen von der Decke. Silber, Gold Bronze: So ziemlich alles an Auszeichnungen hat die Skisportlerin Anja Wicker in den vergangenen Jahren abgeräumt. Ihre neueste Trophäe holt sie aber aus dem Regal: die Kristallkugel für den Biathlon-Gesamtweltcup der Behindertensportler, mit dem die 25-Jährige die Skisaison 2016/17 abschließt.

 

„Der vergangene Winter, das war meine Saison“, sagt die querschnittgelähmte Stuttgarterin, die für den Sportverein MTV im Stuttgarter Norden antritt. Außer dem Biathlon-Gesamtweltcup hat sie 2016/17 im Biathlon den WM-Titel, zweimal WM-Silber und den dritten Platz im Skilanglauf-Gesamtweltcup nach Hause gebracht. Und das, obwohl sie den Winter eigentlich nicht mag. „Ich habe es lieber warm“ gesteht Anja Wicker und meint: „Etwas Erfreuliches muss der Winter aber haben, und das ist der Biathlon, die Kombination aus Skilanglauf und Schießen.“ Auf Grund ihrer Lähmung absolviert sie die Langläufe sitzend in einem Skischlitten und stemmt sich mit den Skistöcken nur durch ihre Armkraft ins Ziel.

Zum Skisport gekommen ist die junge Frau, die von Geburt an querschnittgelähmt ist, mit zwölf Jahren durch einen Freund, der sie zum Skifahren mitgenommen hat. Schnell fing sie Feuer, und von Anfang an stand das Ziel fest: Sie will bei den Paralympics, den olympischen Spielen für Behinderte, dabei sein – und zwar erfolgreich. Gleich bei ihren ersten Paralympics 2014 in Sotschi holte Wicker überraschend im Biathlon über zehn Kilometer sitzend aufgrund fehlerfreien Schießens ihre erste Goldmedaille.

Voraussetzung für so viel Erfolg ist harte Arbeit. Der Vater Volker Wicker (54) unterstützt seine Tochter als Trainer , hat deshalb in seinem Beruf als Polizist zurückgesteckt. Trainiert wird 15 Stunden pro Woche. Da in Stuttgart kaum Schnee liegt, werden statt Kufen Räder am Skischlitten montiert. Von Mai an gehen bereits die Vorbereitungen auf die Paralympics 2018 in Südkorea los. Dass ihr Ehrgeiz im Sport mit ihrem Behindertsein zu tun hat, glaubt Anja Wicker nicht: Sie ist überzeugt: „Vermutlich hätte ich auch ohne Behinderung eine Sportlerkarriere angestrebt.“

Bevor wieder trainiert wird, geht es jetzt aber erst mal in die Sonne auf den Malediven. „Schwimmen und Schnorcheln“, sagt Anja Wicker. Ihr Ziel nach den Paralympics ist es, ihr Fernstudium als Sportmanagerin voranzutreiben. Richtig Gas will sie aber erst nach den Paralympics geben. „Bis dahin geht der Sport vor.“