Rund um den Ostfilderfriedhof in Stuttgart-Sillenbuch schlafen immer wieder Menschen in Autos oder Toiletten, neuerdings werden sogar Zelte aufgeschlagen. Einigen Anwohnern ist das unheimlich. Wer sind diese Leute?

Sillenbuch - Plötzlich war es da. Versteckt hinter einem großen Busch, im hohen Gras unter Bäumen: ein Igluzelt in Tarngrün am Rand des Parkplatzes des Sillenbucher Ostfilderfriedhofs. Menschen waren an dem mysteriösen Camp tagsüber nicht zu sehen, nur einmal ein Paar Schuhe. Ob jemand in der Dunkelheit kam und wer: unklar. „Mir ist das unangenehm, so im Verborgenen“, fand die Hundetrainerin Bettina Gerstner, die mit ihren Gruppen dort übt. Auch anderen aus der Nachbarschaft war das Lager unheimlich. Schließlich schaltete jemand das Ordnungsamt ein.

 

Es war nicht das erste Mal, dass sich jemand das Gebiet rund um den Ostfilderfriedhof in Sillenbuch als Schlafplatz ausgesucht hat. Auf dem abgelegenen und schlecht einsehbaren Parkplatz an der Ecke Kirchheimer Straße und Höhenringweg stoppen in regelmäßigen Abständen Fahrer von Wohnmobilen und bleiben – vermutlich auf der Durchreise – eine Nacht oder auch zwei, Frühstück am Campingtischchen inklusive.

Die Nächtigenden sind auch Ursache des Müllproblems

Auch Kleinlaster und Autos, aus denen am frühen Morgen Personen steigen und sich recken, kann man hin und wieder beobachten. Der Steinmetz Frank Steffens, dessen Betrieb genau an den Friedhof grenzt, berichtet, dass ab und an mal einer am Morgen mit seinem Gepäck aus der nahen Friedhofstoilette huscht. Die Polizei bestätigt das. Slowakische Bettler würden sich auf dem Gelände immer wieder niederlassen.

Ein bisschen korrespondiert das Kommen und Gehen mit den Müllproblemen auf dem Parkplatz, über die diese Zeitung im März berichtet hat. Seinerzeit hatten sich Lebensmittelverpackungen, aber auch Kondome, Kleidungsstücke und sogar menschlicher Kot in den dunklen Ecken des Geländes gehäuft. Mittlerweile ist das Team des Garten-, Friedhofs- und Forstamts Stuttgart sensibilisiert und reinigt den Parkplatz regelmäßig und gründlich.

Karola Ortmann, die stellvertretende Abteilungsleiterin Friedhof im Stuttgarter Rathaus, nannte damals die Tatsache, dass rund um den Friedhof immer wieder genächtigt werde, als eine Ursache des Problems. In letzter Zeit, so Jana Steinbeck, eine Sprecherin der Stadt, häuften sich zudem Beschwerden über Lärm und Verunreinigungen durch feiernde Jugendliche. Dass Zelte aufgeschlagen werden, diese Erscheinung ist jedoch neu. Erst kürzlich, ist in der Gärtnerei nebenan zu hören, habe jemand sein Lager unmittelbar am Eingang zum Friedhof aufgeschlagen, sei aber rasch wieder von dannen gezogen. Das Zelten auf städtischen Grünflächen ist grundsätzlich verboten und stellt eine Ordnungswidrigkeit dar, sagt Stefan Praegert, der Leiter des kommunalen Vollzugsdienstes.

Der Vollzugsdienst hat das mysteriöse Zelt mitgenommen

Daher ist der städtische Vollzugsdienst am vergangenen Samstagvormittag zum mysteriösen Igluzelt am Friedhofsparkplatz ausgerückt, hat es in Augenschein genommen – und kurzerhand mitgenommen. „In dem gemeldeten Zelt hat nach Angaben der Nachbarn ein jüngeres Paar genächtigt“, erklärt Jana Steinbeck im Nachgang. Grundsätzlich gelte: Treffe man jemanden an, der illegal kampiert, gebe es einen Platzverweis.

Als Schlaf-Schwerpunkt sei der Bereich um den Ostfilderfriedhof im Rathaus nicht bekannt, betont sie, aber freilich gelte für Sillenbuch, was für ganz Stuttgart gelte: Auch Bettler, die zum Großteil aus Südosteuropa stammten, hielten sich dort vereinzelt auf, allerdings tiefer im Wald und nicht unmittelbar am Friedhof. Die Zahlen seien zudem rückläufig. „Sobald das Amt Kenntnis von einem illegalen Lager erhält, wird es geräumt. Zudem entfernt die Abfallwirtschaft regelmäßig die Lagerutensilien“, erklärt die Rathaussprecherin.