Sechs Jungs bei der Mobilen Jugendarbeit sind nach Tübingen gewandert und haben dort ein paar recht exotische Erfahrungen gemacht.

Aus den Stadtteilen: Kathrin Wesely (kay)

S-Süd - Einige Jungs, die zu Baykar Tavit in die Gruppe kommen, haben es faustdick hinter den Ohren, sie pflegen den Jargon der Straße und mancher hatte auch schon polizeiliche Intensivkontakte. Sie verkörpern nicht gerade, was man sich unter wackeren Wandersmännern vorstellt. Und trotzdem sind sechs von ihnen von Stuttgart nach Tübingen gelatscht – in Sneakern und mit Vergnügen. Die Truppe befand den Ausflug hinterher einhellig für cool. Denn erstens kam die Idee von ihrem Streetworker Baykar und zweitens war die Sache für einen guten Zweck. Die Gruppe lässt sich das Wandern von Geldgebern bezahlen – wie man das von Sponsorenläufen an Schulen kennt. Das Geld wird einem Verein in Kenia gespendet, der Jugendprojekte unterstützt.

 

Schweiß schweißt zusammen

Der Kontakt zum Verein Uhuru kommt über einen befreundeten Sozialarbeiter zustande, der früher seinerseits bei der Mobilen Jugendarbeit Süd gearbeitet hat und inzwischen in Kenia lebt. Zusammen mit dem dortigen Kollegen Davis Okombo hat er in der Hafenstadt Kisumu Angebote wie Kitas, Arbeitsstätten, Jugendprojekte und eben den Verein gegründet. Davis Okombo war auch schon mehrfach in Stuttgart, um zu sehen, wie Jugendarbeit hier so läuft. Die Jungs von Baykar Tavit kennen den kenianischen Streetworker schon eine Weile. Sein Projekt zu unterstützen, ging für sie klar in Ordnung: „Es hat gar nicht viel Überzeugungsarbeit gebraucht“, sagt Tavit, der die Idee zu der Sponsoren-Wanderung aufgebracht hatte. Bereits 35 weitere Einrichtungen haben sich dem Projekt Meilensteine angeschlossen und organisieren gesponserte Läufe für den Uhuru e.V..

Bei sonnigem Wetter sind die Jungs vergangene Woche losmarschiert. Für die meisten der 16- bis 18-Jährigen war es der erste Wandertag in ihrem Leben und der erste Ausflug ins exotische Tübingen. „Anstrengend war’s schon“, gibt Luka Juric zu. „Aber wenn man mit Freunden unterwegs ist, macht fast alles Spaß.“ Selbst die Blasen hat er verschmerzt. Luka Juric könnte sich vorstellen, „dass man das jetzt so traditionsmäßig einmal im Jahr macht“.

Überall Döner

Bei Ankunft haben sie die Sneaker abgestreift und sich in den Neckar gestürzt. Das Flussbad sei für seine Gang ebenfalls eine komplett neue Erfahrung gewesen, sagt Tavit. Die anschließende Fahrt im Stocherkahn sowieso. Luka Juric’ Highlight aber war der Zwiebelrostbraten. Zum krönenden Abschluss war der Trupp im Lokal Wurstküche eingekehrt. Das gehörte zu Tavits Bildungsprogramm für diesen Tag: Denn keiner seiner Jungs kennt die schwäbische Küche. „Sie sind zwar in Stuttgart aufgewachsen, wissen aber nicht, was eine Maultaschen ist. In der Großstadt kommt man ja auch mit Döner durch.“

Das Projekt hat die Gruppe enger zusammengeschweißt, meint Tavit. Die Jungs kommen donnerstags zu ihm in die Möhringer Straße zur Mobilen Jugendarbeit, um zu quatschen, zu spielen, zu kicken oder irgendwohin zu fahren. Für die Treffen haben sie sich eigens Regeln ersonnen: pünktlich kommen, Handys stecken lassen, Kraftausdrücke meiden. Tavik ist in den Augen der Jungen ein Kumpel und Vertrauter, erzählt Luka Juri. Der Streetworker hat wie sie einen Migrationshintergrund, ist auch kein Musterknabe und doppelt so alt und erfahren. „Ich weiß einfach alles über sie“, sagt Tavik mit verschwörerischer Mine. Luka grinst. Er weiß seine Geheimnisse bei Tavik gut aufgehoben.