Auch am Stuttgarter Wagenburg-Gymnasium herrscht Fassungslosigkeit – und Verunsicherung. Bei Lehrern und Eltern wächst die Angst vor Exkursionen und Studienfahrten in größere Städte. Der Ausnahmezustand in Frankreich schränkt den Schüleraustausch ein.

Stuttgart - Am Stuttgarter Wagenburg-Gymnasium hat die schlimme Nachricht von dem Terroranschlag in Nizza viele Lehrer und Schüler am Freitag kalt erwischt. „Wir sind fassungslos und auch ratlos. Wir müssen das erst mal verdauen“, sagt die Schulleiterin Petra Wagner. In dem Gymnasium mit deutsch-französischer Abteilung kann neben dem Abitur auch das Baccalauréat erworben werden, ein Drittel der Schüler hat einen französischen Pass. „Viele Kinder haben Verwandte in Frankreich“, weiß Wagner.

 

Noch zu gut sind Schülern und Lehrern die Attentate in Paris in Erinnerung – „damals haben wir ein großes Zeichen zum Gedenken gesetzt“, sagt Wagner. Alle Schüler versammelten sich im November 2015 zu einer Gedenkminute auf dem Schulhof, in der Mitte die Trikolore des Partnerlands, darauf weiße Rosen und ein Grablicht.

Das Stuttgarter Wagenburg-Gymnasium zeigt Flagge

Und nun? Eine Wiederholung dieser Geste werde es nicht geben. „Solche Zeichen darf man nicht wertlos machen“, sagt Wagner. Schon damals hätten die Schüler angesichts der Zunahme an tragischen Ereignissen gesagt: „Warum stehen wir dann nicht jeden Tag auf dem Schulhof?“ Ein Zeichen wolle die Schule dennoch setzen: „Wir werden die französische Flagge zum Fenster raushängen“, kündigt Wagner an. „Und am Montag wollen wir eine Gedenkwand im Foyer aufstellen.“ Natürlich thematisiere man die Ereignisse auch in den Klassen. Seit den Anschlägen von Paris seien die Ängste bei Eltern und Lehrern gewachsen, wenn es darum gehe, Exkursionen oder Studienfahrten in größere Städte zu machen. „Die Fahrt nach Brüssel hatten wir damals gestrichen“, berichtet Wagner. Nächstes Jahr wäre eigentlich der Partnerbesuch einer Gruppe aus der Kursstufe eins in Israel fällig – „sehr wahrscheinlich wird das nicht zustande kommen, weil die Ängste der Eltern und der Lehrkräfte zu groß sind“, berichtet die Schulleiterin. Aber sie betont: „Wir werden die Zahl unserer Fahrten nicht einschränken – das wäre das falsche Signal an unsere Jugendlichen. Wir wollen die nicht verunsichern, das wäre keine Lebensqualität mehr“.

„Ein bisschen Risikobereitschaft gehört auch dazu“, meint die Pädagogin. Erst am Donnerstag seien Partnerschüler aus Südafrika wieder heim geflogen – über Istanbul mit zwölf Stunden Aufenthalt dort. Eine Folge des jüngst von Selbstmord-Attentätern angegriffenen Flughafens Atatürk. „Es geht nicht nur drum, objektive Gefahrenlagen einzuschätzen, sondern auch darum, mit Emotionen umzugehen und Fahrten hinzukriegen“, sagt Wagner. Wenn der Ausnahmezustand in Frankreich weiter anhalte, bedeute dies, dass die französischen Partnerschüler nicht reisen dürften.

Kondolenzbuch liegt auf – Stuttgarts OB Kuhn zeigt sich „zutiefst schockiert“

Nicht nur Wagner hat dem französischen Generalkonsul in Stuttgart, Nicolas François Eybalin, kondoliert. Auch Ministerpräsident Winfried Kretschmann, Innenminister Thomas Strobl, Staatsrätin Gisela Erler und Stuttgarts OB Fritz Kuhn haben sich ins Kondolenzbuch eingetragen – gemeinsam. Es liegt in der Schlossstraße 51 werktags von 10 bis 16 Uhr für alle Bürger aus. Strobl sagte: „Wir trauern mit unseren französischen Nachbarn und Freunden. Der verheerende Anschlag ist ein Angriff auf unsere demokratische, freiheitliche Grundordnung.“ Auch Kuhn zeigte sich „zutiefst schockiert“ und sagte: „Stuttgart fühlt mit den Menschen in Nizza und ganz Frankreich.“ Dominique Benkelmann, Eybalins Assistentin, sagt: „Mit unserer Unbeschwertheit ist es vorbei.“ Am Freitag wurde an den Dienstgebäuden in Stadt und Land Trauerbeflaggung gehisst.