Trotz der zusätlichen Steuereinnahmen: Es bleibt richtig, die Finanzplanung nicht an Einmaleffekten auszurichten und Risiken zu negieren, sagt StZ-Redakteur Jörg Nauke.

Stuttgart - Das nennt man Luxusproblem: OB Fritz Kuhn und sein Schatzmeister Michael Föll ziehen die Konsequenzen aus den zusätzlichen Steuereinnahmen und vertagen ihr Sparkonzept. In vielen anderen Städten dürfte es gerade umgekehrt sein. Das grün-schwarze Duo konnte freilich gar nicht anders. Jetzt die Kollegen zu zwingen, Stellen und freiwillige Leistungen von 29 Millionen Euro zu streichen, während es gleichzeitig 120 Millionen Euro in die Kasse spült, hätte nun wirklich niemand verstanden.

 

Aber natürlich bleibt es sinnvoll, Spielraum zu schaffen, indem sich alle Ämter einer Aufgabenkritik unterziehen; gewöhnlich wird nur Neues diskutiert, der Bestand kommt nur selten auf den Prüfstand. Erfolgreich wäre diese Vorgehensweise aber nur, wenn der Gemeinderat akzeptiert, dass Leistungen gestrichen werden und Einrichtungen womöglich schließen müssen, und er nicht beim geringsten Bürgerprotest die Lücke durch Anträge in den Etatberatungen zu schließen versucht.

Wichtig ist der Hinweis, dass der als Einmalereignis eingestufte Mehrertrag gerade geeignet ist, die geplante Kreditaufnahme zu vermeiden. Die Aussagen einiger Fraktionen lassen erahnen, dass sie andere Vorstellungen als Schuldenvermeidung haben; nämlich über einen Nachtragshaushalt, quasi durch die Hintertür, ihre in den Etatberatungen abschlägig beschiedenen Forderungen doch noch zu realisieren.

Verständlich ist der Verdruss in Teilen der Verwaltung, die noch Ende Februar aufs Großreinemachen eingeschworen worden war – und jetzt erahnt, dass das Tandem zu diesem Zeitpunkt bereits Anzeichen für den Geldsegen gehabt haben dürfte. Das ist eine Stilfrage. Es bleibt aber richtig, die Finanzplanung nicht an Einmaleffekten auszurichten und Risiken zu negieren. Und selbst wenn sich der Tiefstapler Föll erneut verschätzen würde: Das Schlimmste, das daraus erwachsen könnte, wäre ein weiteres Luxusproblem.