Verrückt: Gerade einmal zwei Straßenschäden in Stuttgart haben es aktuell in den Schlaglochmelder des Autoclub Europa geschafft. Einer davon in Stuttgart-Vaihingen. Dass er nun groß rauskommt, hat er einem Anwohner zu verdanken. Und der wiederum dürfte sich über die neueste Wendung freuen.

Vaihingen - Alexej Vilner vermeidet es, mit seinem Auto in eines der Schlaglöcher zu geraten. Aber manchmal, zum Beispiel bei Gegenverkehr, lässt es sich nicht vermeiden, sagt er. An jenem Vormittag steht Vilner an der Herschelstraße in Dürrlewang. Er ist erst vor Kurzem hergezogen, und was ihm dort überhaupt nicht gefällt: die Schlaglöcher vor seinem Haus. „Das ist ein Zustand, der ist einfach nicht zumutbar.“ Weshalb Vilner gehandelt hat.

 

Mitmachen kann beim Online-Melder jeder

Die Herschelstraße in Dürrlewang ist eine von zweien in Stuttgart, die es aktuell in den Schlaglochmelder geschafft haben. Der Schlaglochmelder ist ein Service des Autoclub Europa (ACE) und der IG Bau Stuttgart. Zurzeit werben beide verstärkt um Meldungen von Deutschlands Straßen. Mitmachen kann jeder, das Formular kann online ausgefüllt werden. Für die Herschelstraße in Dürrlewang heißt es da knapp: „zahlreiche Schlaglöcher in der Straßenmitte“, und zwar vor den Gebäuden mit den Hausnummern 4 A, 17 A und 19 A.

Dass es die Herschelstraße unter die zwei bisher einzigen Stuttgarter Meldungen geschafft hat, hat sie eben Alexej Vilner zu verdanken. Er hat die Schlaglöcher gemeldet. „Mich stört das einfach“, sagt der junge Mann. „Wir arbeiten hart und zahlen Steuern, wenn solche Schlaglöcher nicht repariert werden, sehe ich nicht, das mein Geld ankommt.“ Den Schlaglöchern an der Herschelstraße ist anzusehen, dass hier schon einmal einer geflickt hat. Die Straße wirkt vernarbt. „Das muss man grundlegend sanieren“, sagt Vilner. Deshalb die Meldung beim ACE, obwohl er noch nicht einmal Clubmitglied ist. „Es war ganz einfach, es hat nur paar Minuten gedauert.“

Harald Kraus kümmert sich ehrenamtlich um den Schlaglochmelder

Jetzt liegt das Formular, das Vilner ausgefüllt hat, bei Harald Kraus in Eislingen an der Fils. Den Schlaglochmelder gibt es seit 2008. Und genauso lange ist Kraus der Kümmerer. Im Ehrenamt. Er leert den Posteingang, leitet die Meldung im Namen des ACE an die zuständige Behörde weiter und hakt notfalls nach drei Wochen nach. In der Regel würden zwei Drittel der gemeldeten Straßenschäden behoben, kann Kraus aus seiner Erfahrung berichten. „Es ist zwar manchmal Flickschusterei“, aber besser als nichts. Über Stuttgart sagt Kraus: „Die Stadt Stuttgart ist sehr flott, was die Bearbeitung angeht.“

Da hat Kraus recht. So vermeldet die Stadt Stuttgart, dass sie die Schlaglöcher von der Herschelstraße Vergangenheit sind. „Meine Kolonne hat die Schäden am 29. März behoben“, teilt Frank Hüttner vom Tiefbauamt mit. „Darüber wurden Herr Kraus vom ACE und Herr Vilner per Mail informiert.“

Seit 2008 sind bei Kraus rund 3000 Meldungen aus dem Bundesgebiet eingegangen. 71 davon kamen aus Stuttgart. Die aktuelle Kampagne hatte bisher zwar nur zwei Stuttgarter Schlaglöcher zum Ergebnis. Eben jene Straßenschäden in Dürrlewang, vor dem Haus von Alexej Vilner. Aber auch der Zustand der Blankensteinstraße zwischen Zazenhausen und Mühlhausen wird angeprangert. Dort gebe es „teils sehr tiefe Schlaglöcher“, heißt es in der Meldung zum zweiten Stuttgarter Schlagloch.

Schlaglöcher seien nicht ohne, sagt der Kümmerer Harald Kraus. Mit dem Online-Melder „will der Club zur Verkehrssicherheit beitragen“. Dieses Ziel ist auch der Grund, weshalb es ihm nichts ausmacht, sich für diese Sache zu engagieren. Eine halbe Stunde seiner Lebenszeit geht pro Meldung drauf. Gerade sei besonders viel los. Denn auch wenn aus Stuttgart nur zwei Meldungen eingegangen sind, so flatterten aus ganz Deutschland in der vergangenen Woche 700 Formulare ein. Der Großteil sei aus Nordrhein-Westfalen. „Sie kommen schneller, als ich sie bearbeiten kann“, sagt Kraus. „Die Resonanz ist gewaltig.“

Die Stadt führt keine Statistik über gemeldete Schlaglöcher

Die Stadt Stuttgart führt keine Statistik darüber, wie viele Schlaglöcher jährlich bei ihr gemeldet werden – vom ACE, aber auch von anderen Seiten. Was der Stadtsprecher Martin Thronberens sagen kann: Die meisten Hinweise gehen von Privatpersonen ein. Die Stadt handelt laut Thronberens dann, wenn Gefahr im Verzug ist. „Nicht jeder gemeldete Straßenschaden gefährdet die Verkehrssicherheit“, sagt er. „Grundsätzlich geht die Stadt aber den Meldungen nach und prüft den Sachverhalt vor Ort.“