18 Monate lang hat ein Ehepaar dafür gekämpft, dass es im DB-Reisezentrum in Stuttgart-Vaihingen einen Stuhl für die Kunden gib. Die Bahn hatte zunächst „versicherungstechnische Bedenken“. Nun hat es sich das Unternehmen noch einmal überlegt ...

Stadtleben und Stadtkultur : Alexandra Kratz (atz)

Vaihingen - Es ist ein einfacher schwarzer Stuhl, leicht gepolstert, mit zwei Armlehnen und einer Rückenlehne. Doch für Hendrickje und Frank Lerbs aus Möhringen ist er so etwas wie ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk. Denn sie haben 18 Monate lang für diesen Stuhl gekämpft.

 

Das Objekt der Begierde steht im DB-Reisezentrum am Vaihinger Bahnhof . Dort gibt es zwei Schalter, an denen die Kunden Informationen und Fahrkarten bekommen. Manchmal bilden sich Warteschlangen. Hinzu kommt, dass der Pavillon ein Glasdach hat und sich in den Sommermonaten stark aufheizt. Hendrickje Lerbs wünschte sich daher einen Stuhl. Denn gerade ältere Menschen bräuchten doch auch mal eine Sitzgelegenheit, um sich auszuruhen, argumentierte die Seniorin. Am 31. Mai 2016 füllte sie daher zusammen mit einem der Bahn-Mitarbeiter im DB-Kundenzentrum ein Beschwerdeformular aus.

Am 7. Juni 2016 bekam sie eine Antwort. In dem Schreiben hieß es: „Wir bedauern die bei Ihnen entstandenen negativen Eindrücke zum Erscheinungsbild des Reisezentrums Stuttgart-Vaihingen sehr. Leider sehen unsere Richtlinien vor allem aus versicherungstechnischen Gründen keine dauerhafte Sitzgelegenheit vor.“

Auch der Kundendialog kann das Problem nicht lösen

Das mit den „versicherungstechnischen Gründen“ leuchtete dem Ehepaar nicht ein. Es griff zu Stift und Papier und schrieb: „Wir bedauern unsererseits sehr, dass Sie uns offensichtlich nicht richtig verstanden haben. Es geht nicht um ‚Eindrücke zum Erscheinungsbild des Reisezentrums‘. Es geht schlichtweg um Kundenfreundlichkeit gegenüber alten und körperlich behinderten Menschen, eben um eine Sitzgelegenheit, wenn man warten muss, einen einfachen Plastikstuhl, oder zwei.“

Die gleiche DB-Mitarbeiterin, welche dem Ehepaar am 7. Juni geschrieben hatte, antwortete nun in einem Brief vom 27. Juni 2016: „Die Zufriedenheit der Kunden in unseren Reisezentren liegt mir sehr am Herzen. Leider konnte ich diese mit meinem Brief an Sie nicht sicherstellen, aus diesem Grund leite ich Ihr Anliegen zur weiteren Klärung an unseren eigens für Kritik und Anregungen eingerichteten Kundendialog weiter.“ Doch auch die Kollegen vom Kundendialog waren mit dem Wunsch des Ehepaars nach einem Stuhl überfordert. In einem Schreiben vom 11. Juli hieß es: „Ihre Kritik haben wir mit der Bitte um Prüfung dem verantwortlichen Fachbereich zur Verfügung gestellt.“ Dann herrschte Funkstille.

Bahn will Kunden das Leben so angenehm wie möglich machen

Im Juni dieses Jahres griff unsere Redaktion das Thema auf. In der schriftlichen Antwort an unsere Zeitung argumentierte die Bahn: In dem Reisezentrum gebe es Bereiche, die nur schlecht einsehbar seien. Und es komme immer wieder vor, dass sich in dem Kundenzentrum Menschen aufhalten, die gar keine Fahrkarte kaufen wollen. Diese Argumentation verwunderte, weil das Vaihinger Reisezentrum rund ist. Die Pressestelle verwies zudem darauf, dass sich die Kunden bei Bedarf an die Mitarbeiter wenden sollen. Stühle seien vorhanden. Die würden auf Nachfrage rausgegeben.

Nun ist das nicht mehr notwendig. Denn seit Kurzem gibt es einen Stuhl in dem Bahn-Pavillon. Auf die Frage, wie das nun doch möglich gewesen sei, antwortet ein Bahnsprecher: „Wir haben die Situation vor Ort noch einmal eingehend geprüft.“ Die Bahn sei froh über jeden Kunden und das Ehepaar Lerbs gehöre zu den Stammkunden und man wolle ihnen „das Leben so angenehm wie möglich machen“.