Der Albplatz in Degerloch ist das südliche Eingangstor nach Stuttgart. Seit 1955 hat sich dort vieles verändert. Der Ortshistoriker Albert Raff erklärt, was es mit einer Bausünde auf sich hat.

Degerloch - Der Albplatz ist das heutige Zentrum Degerlochs und das Tor nach Stuttgart. Die Stadtbahn und die Hauptverkehrsstraße B 27 sind dort mittlerweile längst nicht mehr wegzudenken. Doch vor etwa 60 Jahren sah dort alles noch ganz anders aus. „Im Zentrum des Albplatzes stand früher der Westbahnhof, wo die Güterzüge fuhren“, sagt der Ortshistoriker Albert Raff. Am Westbahnhof war überdies der Busbahnhof, den es heute noch gibt. Die Straßenbahn und die Güterzüge kamen damals von Möhringen nach Degerloch. „An der Wendeschleife haben sie dann gedreht und sind wieder zurückgefahren“, erzählt Raff. „Insofern war Degerloch schon immer ein Knotenpunkt.“

 

Die Löffelstraße bestand aus Kopfsteinpflaster

Den Westbahnhof gab es noch bis zum Bau der Bundesstraße 27, dann musste er dieser weichen. Ebenso wie einige Häuser auf der anderen Seite der Löffelstraße, die zu dieser Zeit aus Kopfsteinpflaster bestand. „Man brauchte den Platz für die Straße“, sagt Raff. Schon früher war die Rubens-/Löffelstraße eine viel befahrene Straße. „Das war die wichtigste Straße für alle, die von der Weinsteige hochkamen“, sagt Raff. Heute ist die Rubenstraße eine Einbahnstraße, während die Löffelstraße breiter wurde und heute einen Teil der B 27 bildet.

Mit dem Slider können Sie zwischen dem Luftbild von 1955 und dem aktuellsten verfügbaren von 2015 hin- und herwechseln:

Eine prägende Veränderung des Albplatzes stand 1976 an, denn im Mai wurde das Berolina-Haus direkt am Albplatz eingeweiht. Damit das geplante Haus Platz hatte, wurde zuvor die Gärtnerei Haag umgesiedelt. „Die alte Gärtnerei war das Gelände, wo heute das Berolina-Haus steht“, sagt Raff.

Mit dem Bau des Berolina-Hauses sollte auch die Gaststätte Ritter abgerissen werden. Diese stand allerdings unter Denkmalschutz, so dass auch die Pläne, drumherum zu bauen, nicht durchgesetzt werden konnten. „Das Haus, in dem heute der Drogeriemarkt ist, war zu dieser Zeit aber schon fertig gebaut“, sagt Raff. „Wenn man sich das heute anguckt, dann passt das gar nicht zusammen.“ Die Pläne, das Haus der Gaststätte Ritter auf die gleiche Höhe zu bauen, konnte nicht umgesetzt werden. „Das Haus zwischen dem Berolina-Haus und dem Gasthaus Ritter ist etwas flacher, weil es den Übergang zwischen den beiden Gebäuden bilden soll“, sagt Raff.

Der Inbegriff der Betonisierung

In den Anfängen waren im Berolina-Haus viele Geschäfte zu finden. „Das Haus wurde am Anfang eigentlich gut angenommen von den Degerlochern. Da war kein Laden mehr frei“, sagt Raff. So hatte beispielsweise Feinkost Böhm eine große Filiale im Erdgeschoss des Gebäudes. „Viele vermissen den Feinkost Böhm immer noch“, sagt Raff. „Da war am Anfang wirklich Leben drin.“ Heute finden sich im Berolina-Haus die Stadtbibliothek, ein Fitnesstudio, einige Arztpraxen und ein paar wenige Läden. „Das Berolina-Haus ist mittlerweile ein Trauerspiel und wird wahrscheinlich bald leer sein“, sagt Raff.

Für viele Degerlocher ist das Berolina-Haus der Inbegriff des Versuchs der Betonisierung Degerlochs, weshalb es für sie keine Freude ist. „Heute will eigentlich niemand mehr über die Sünden von damals sprechen. Aber das Berolina-Haus steht nunmal da“, sagt Raff. Mit dem Bau des Berolina-Hauses hat sich der Albplatz nachhaltig verändert. „Zum Glück ist aber im Rest von Degerloch viel geblieben“, sagt Raff. Doch es hätte auch anders kommen können: „Wäre das Haus am Zahnradbahnhof damals gelungen, hätte Degerloch komplett so aussehen können.“

Weitere Luftbilder-Vergleiche aus Stuttgart finden Sie hier.