Evangelische Gottesdienste in Stuttgart-Büsnau werden erst seit 1957 in einer Kirche gefeiert. Büsnauer erinnern sich an die Zeit, bevor es das Bauwerk gab.

Büsnau - Es ist ein besonderes Jahr für die Versöhnungskirche am Büsnauer Platz. Vor 60 Jahren und vier Monaten wurde sie offiziell eingeweiht – ein großes Ereignis für die damaligen Büsnauer. Das merkt man, wenn man sich das Programm von diesem 7. April 1957 anschaut.

 

Um 8.45 Uhr ging es los, die Gemeinde wurde geweckt. Von der Büsnauer Schule aus gingen die Menschen dann zur Kirche, wo der Schlüssel überreicht wurde. Um 9.30 Uhr begann der erste Gottesdienst in der ersten evangelischen Kirche des Stadtteils. Danach gab es einen Festakt, und um 15 Uhr erklärte der Architekt den Bau des Gebäudes. Nach Kaffee und Kuchen begann der letzte Programmpunkt um 20 Uhr. Die Laienspielschar führte das Stück „Der Trossbube“ auf.

Gottesdienst war zunächst im Wohnzimmer

Unter den ersten Bewohnern Büsnaus war auch Hanna Schäfer, geborene Schwarz. Sie zog 1933 in eines der fünf Häuser im Büsnauer Hof. Im Haus ihrer Eltern wurden in der Zeit vor der Kirche einmal im Monat die Gottesdienste gefeiert. Schäfer hat gemeinsam mit ihrer Schwester jeden Sonntag einen Kindergottesdienst veranstaltet. Die beiden nutzten Deckel von 40-Liter-Milchkannen als Kirchenglocken-Ersatz. So begrüßten sie die Gottesdienstbesucher. Als die Schule im Jahr 1947 gebaut wurde, gab es dort jeden Sonntag Gottesdienste. 1956 begann der Bau der Versöhnungskirche, die am 7. April 1957 eingeweiht wurde. 1966 konnte man sich die erste Orgel leisten.

Mit der Kirche kam auch der Kirchenchor. Eine Sängerin ist bereits seit 60 Jahren dabei. Renate Frommelt kam 1956 von Bayern nach Büsnau und trat gleich dem Chor bei. „Einen Chor gab es schon, aber mit der Kirche kam ein neuer Chorleiter, und da hab ich dann mitgemacht“, sagt sie. Die 77-Jährige hat schon immer gerne gesungen, in ihrer alten Heimat bereits im Kinderchor. Die ersten Proben in Büsnau seien noch in der Schule gewesen. Bis heute ist Frommelt das Singen und das Miteinander wichtig. Auch über die Entwicklung der Kirche weiß die Büsnauerin Bescheid. „Früher haben die Pfarrer viel alleine bestimmt, heute darf man mitreden, und es gibt die Kirchengemeinderäte“, sagt Frommelt.

Der Zusammenhalt in der Gemeinde ist groß

In der Geschichte der Versöhnungskirche gab es sechs Pfarrer. Der erste, Johannes Hoffmann, hatte das Amt ganze 20 Jahre inne. Seit 2014 ist Eva Necker-Blaich die Pfarrerin. „In Büsnau ist der Zusammenhalt und der Bezug zur Kirche einfach größer als in Gemeinden mit viel mehr Mitgliedern“, sagt sie. Wolfgang Schön, der in Büsnau aufgewachsen ist und viel Zeit in die evangelische Jugendarbeit gesteckt hat, kennt alle Pfarrer der Versöhnungskirche. „Sie waren alle sehr engagiert in der Gemeinde.“

Anlässlich des 60-jährigen Bestehens gab es in diesem Jahr immer wieder Veranstaltungen mit Blick auf die Geschichte der Kirche. Beim Gemeindefest informierten Plakate mit Fotos und Ausschnitten aus Gemeindebriefen über die Anfänge und die Entwicklung. Zur Freude aller anwesenden Kinder gab es einen Luftballonstart. 60 blaue, weiße und pinkfarbene Ballons sind unter Jubel und Applaus in den Himmel geflogen.